zum Hauptinhalt
Nahe liegend. Wer in Berlin am NC scheitert, sollte sich über zulassungsfreie Studiengänge an Hochschulen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern informieren.

© picture-alliance/ ZB

Nach dem Abi: An die Uni – jetzt aber schnell

Das Abitur frisch in der Tasche und noch immer nicht die Bewerbung für die Uni abgegeben? Ein Leitfaden für Abiturienten.

Noch ist es nicht zu spät. Bis zum 15. Juli können sich Studieninteressierte bundesweit an Unis und Fachhochschulen für zulassungsbeschränkte Fächer (also Studiengänge mit Numerus Clausus) bewerben. Da an den Berliner Unis praktisch alle grundständigen Fächer im Bachelor mit einem NC belegt sind, ist der Last-Minute-Andrang auf die Studienberater derzeit groß. Viele Fragen lassen sich vorab klären – hier ein Leitfaden kurz vor Bewerbungsschluss.

ONLINE BEWERBEN

Wer Medizin, Tiermedizin, Zahnmedizin oder Pharmazie studieren will, muss sich bei der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) bewerben – und zwar online auf der Homepage (www.hochschulstart.de). Für die anderen Fächer bewirbt man sich direkt bei den Universitäten, auf deren Internetseiten findet sich jeweils ein Link für Studienbewerber. „Online bewerben“ heißt bei vielen Hochschulen, den Antrag zusätzlich auszudrucken, ihn auszufüllen und per Post ans Immatrikulationsbüro zu schicken. Postalisch verschickt werden müssen ohnehin eine beglaubigte Kopie des Abiturzeugnisses und Praktikumsnachweise, falls sie verlangt werden. Beglaubigungen stellen in Berlin die Bürgerämter aus.

NUMERUS CLAUSUS

Unter dem Numerus Clausus (NC) versteht man den Notenschnitt, der nötig ist, um in einem zulassungsbeschränkten Studienfach einen Platz zu bekommen. Numerus Clausus ist lateinisch und heißt „geschlossene Zahl“; der Ausdruck bedeutet, dass die Zahl der Studienplätze begrenzt ist. Der NC variiert von Jahr zu Jahr: Er hängt davon ab, wie viele und wie gute Abiturienten sich für ein Fach bewerben. In vielen Fächern mussten Bewerber für Berlin im vergangenen Winter ein Einser- oder Zweierabitur mitbringen. Für Jura an der Humboldt-Universität (HU) lag der Schnitt bei 1,8, für Psychologie bei 1,2, für Politikwissenschaft an der Freien Universität (FU) bei 1,8.

Ob sich Bewerber am NC des Vorjahres orientieren sollten, wird unterschiedlich bewertet. Der Wert sei durchaus eine gute Richtschnur, sagt Horst Henrici, Leiter des Studierendenservice der Technischen Universität (TU). An der TU veränderte sich der NC in den vergangenen zwei Wintern in den meisten Fächern nur um ein bis zwei Zehntel. Ähnliches ist aus HU und FU zu hören. Die Unis zeigen im Internet, wo die Auswahlgrenzen vergangenes Jahr lagen. Gisela Hüttinger, Sprecherin der größten Berliner Fachhochschule, der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW), empfiehlt dagegen, sich nicht von hohen NC-Werten abschrecken zu lassen. Oft würden an der HTW von einem Semester zum anderen die Bewerberzahlen zurückgehen – und damit der NC.

Es kommt sogar immer wieder vor, dass sich für ein NC-Fach nur so wenige interessieren, dass alle Bewerber zugelassen werden. Im vergangenen Jahr bekamen an den drei großen Unis alle Bewerber in Mathematik, Physik und Informatik einen Platz. An der FU kamen unter anderem auch in Frankreich- und Italienstudien alle unter, an der HU in Theologie und Slawistik. Die HTW kann jetzt schon sagen, in welchen Fächern sich eine Bewerbung zum Winter lohnt. Die Lage sei etwa in Umweltinformatik, Mikrosystemtechnik und Computer Engineering entspannt.

Gleichwohl bestehen die Berliner Unis auf dem flächendeckenden NC, der seit Jahren gilt. Sie befürchten, dass sich andernfalls Studierende in einem freien Fach einschreiben, auf das sie eigentlich keine Lust haben. Absegnen muss die Zulassungsbeschränkungen die Wissenschaftsverwaltung. Jetzt hat sie erstmals seit langer Zeit einer der großen Unis die Beschränkung für ein Fach im Bachelor verweigert: An der HU wurde der NC für Mathematik aufgehoben, zum Ärger der Uni. Uwe Jens Nagel, Vizepräsident für Lehre, erklärt, er verstehe zwar, dass der Senat darauf dränge, dass die Unis ihre Kapazitäten auslasten. Allerdings befürchte die HU, finanziell benachteiligt zu werden. Schließlich sieht das neue Preismodell des Senats vor, dass die Unis für ihre Absolventen belohnt werden. Bei „Parkstudenten“ sei der Studienerfolg aber nicht zu gewährleisten. Aus FU und TU heißt es, der durchgehende NC im Bachelor sei genehmigt. An der HTW sind die gewünschten Zulassungsbeschränkungen dagegen immer noch nicht bestätigt.

ZULASSUNGSFREIE FÄCHER

Wer es nicht in ein NC-Fach in Berlin schafft oder die Frist versäumt, sollte sich an eine Hochschule in den Nachbarländern wenden. Dort gibt es viele Fächer ohne NC, für die man sich unabhängig von der Note bis kurz vor Semesterbeginn einschreiben kann. An der BTU Cottbus sind fast alle Fächer zulassungsfrei, ebenso könnte die Uni Magdeburg eine Alternative sein. Die Viadrina in Frankfurt/Oder bietet auch Jura NC-frei an, in Greifswald sind unter anderem Germanistik und Geologie frei. Die ostdeutschen Hochschulen präsentieren ihr Angebot auf der Webseite: www.studieren-in-fernost.de

WARTESEMESTER

Einen Teil der Plätze vergeben die Hochschulen an die Bewerber, die am längsten auf ihr Fach gewartet haben. Für schwächere Abiturienten ist das oft die größte Chance auf ihr Wunschfach. Je größer der Andrang auf ein Fach, desto länger die Wartezeit: Bei BWL bekam man an der HU 2009 nur mit zehn Wartesemestern einen Platz, an der Beuth- Hochschule in Architektur und Biotechnologie mit acht Halbjahren. Als Wartesemester gilt die Zeit ab dem Abitur, in der Bewerber nicht an einer deutschen Hochschule eingeschrieben waren. Studieren Bewerber ein anderes Fach, verfällt ihre Wartezeit für das Wunschfach. Abiturienten können also etwa zu einer Tour nach Australien aufbrechen, wenn sie Wartezeit überbrücken wollen. Sie müssen sich nicht bewerben, um Wartesemester zu sammeln.

Gleichwohl kann es sinnvoll sein, über verwandte, weniger nachgefragte Studiengänge in das Wunschfach quer einzusteigen. Das könne vor allem in den Natur- und Ingenieurwissenschaften klappen, sagt Horst Henrici von der TU. In diesen Fächern belegen die Studierenden oft die gleichen Einführungsmodule – alle Ingenieure müssen etwa am Anfang einen Kurs in Mathematik absolvieren. Studierende könnten versuchen, diese Veranstaltungen für ihr Wunschfach anerkennen zu lassen und dort dann später in einem höheren Semester beginnen. Bewerber sollten sich bei den Studienberatern über die beste Strategie informieren.

ZUSÄTZLICHE AUSWAHLKRITERIEN

Theoretisch können die Hochschulen für einen Großteil der Plätze (60 Prozent) zusätzliche Kriterien werten. Sie könnten Bewerber in einem Gespräch befragen, sie in einem Eignungstest auf die Fähigkeiten für ihr Fach prüfen, Motivationsschreiben verlangen oder Pluspunkte vergeben, wenn Abiturienten bestimmte Fächer in der Oberstufe belegt haben. Die Kriterien werden dann mit der Abiturnote verrechnet.

Praktisch schöpfen die Berliner Unis allerdings diese Möglichkeiten im Bachelor nur selten aus. Die meisten HU-Fächer beschränken sich darauf, Berufserfahrungen mit Pluspunkten zu werten. Die FU belohnt neben praktischen Fähigkeiten Bewerber, die bestimmte Schulfächer belegt haben: in Filmwissenschaft beispielsweise diejenigen, die Deutsch im Leistungskurs belegten sowie das Fach Kunst in den letzten beiden Schuljahren nicht abwählten. An der Beuth-Hochschule helfen unter anderem ein überzeugender Auftritt im Auswahlgespräch, gute Noten in Mathe, Informatik oder Deutsch oder mehr als ein Vierteljahr „praktische Erfahrung“, sagt Wolfgang Preuß, Leiter der Studienverwaltung.

Allerdings könnten Bewerber mit einem mäßigen Abiturschnitt so nur „wenige Pünktchen“ – sprich: wenige Zehntel – wettmachen. Das gilt auch für die anderen Hochschulen. Sehr gute Abiturienten laufen im Umkehrschluss selten Gefahr, einen Studienplatz zu verpassen, wenn sie keines der zusätzlichen Kriterien aufweisen können. Für die TU ist das ein Grund, auf zusätzliche Kriterien zu verzichten. Er halte es für wenig zielführend und zu aufwendig, zusätzliche Kriterien zu nutzen, die dann nur wenig zählen, sagt Horst Henrici.

LOSVERFAHREN

Kurz vor Semesterbeginn gibt es noch eine letzte Chance für alle, die die Frist jetzt verpassen oder ihr Wunschfach nicht bekommen. Dann verlosen die Hochschulen frei gebliebene Plätze. An der TU wurden so im vergangenen Jahr 64 der gut 3100 Plätze vergeben. Üblicherweise dürfen Studieninteressenten pro Hochschule nur an einem Fach teilnehmen.

Einen Überblick, welche Plätze frei geblieben sind – oder wo bundesweit noch zulassungsfreie Plätze zu erhalten sind – bietet seit 2009 die Online-Studienplatzbörse www.freie-studienplaetze.de. Dort kann man vom 1. September bis 31. Oktober nach einem freien Platz suchen. Im vergangenen Wintersemester haben die Hochschulen Plätze in bis zu 2000 Studiengängen bundesweit angeboten. Darunter waren aber auch viele Masterstudiengänge. Diese darf man erst mit einem abgeschlossenem ersten Studium belegen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false