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Ein rechteckiger weißer Flachbau mit bullaugenförmigen Fenstern, der über dem Boden zu schweben scheint.

© Imago

Neues Kölner Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin: Atmosphärische Architektur mit Berliner Handschrift

Es sieht aus wie ein Riesenraumschiff auf seiner Bodenstation: Berliner Architekten haben in Köln ein neues Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin gebaut. Im Inneren werden außerirdische Bedingungen simuliert - unter anderem zu Trainingszwecken.

Der lange, weiße Kubus mit den rätselhaften Bullaugen liegt wie ein Raumschiff inmitten des weitläufigen Geländes. Nicht ganz unerwartet, befinden wir uns doch im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) am Südrand des Kölner Flughafens. Der fast 100 Meter lange und 53 Meter breite Körper scheint über einem begrünten, angeböschten Sockel zu schweben, weil das vollverglaste, zurückgesetzte Tiefgeschoss als dunkle Zone nicht in Erscheinung tritt.

Den Architektenwettbewerb für das ungewöhnliche Laborgebäude hatten die Berliner Architekten Glass Kramer Löbbert mit Uta Graff für sich entschieden, die zuvor schon durch bemerkenswerte Forschungsbauten, etwa das MRT-Institut in Berlin-Buch, hervorgetreten waren.

Haus im Haus: Im Tiefgeschoss wird in acht Raummodulen geforscht

Der schwebende Körper birgt eigentlich nur Haustechnik und Nebenräume. Erst darunter, in der abgesenkten Halle, stehen nach dem Haus-im-Haus-Prinzip acht selbstständige Raummodule, in denen experimentiert und geforscht wird.

Vom Haupteingang auf Straßenniveau tritt man ins Innere und hat von erhöhter Position aus den Überblick über den weiten Raum mit den Laborboxen. Zur Linken öffnet sich der Hörsaal mit 150 Plätzen, geradeaus fällt der Blick auf einen der drei langen, schmalen Lichthöfe mit Granitfindlingen und Kies statt Pflanzen, die wohl an die Oberflächen von Himmelskörpern erinnern sollen. Wenn absolute Dunkelheit im Haus gefordert wird, können die Lichthöfe durch Blenden geschlossen werden. Wenn sich die Türen der Module öffnen, leuchten intensive Farben der Gummiböden und der Funktionseinheiten heraus, rot die Treppenhäuser, grün die Aufenthaltsräume und gelb die Nasszellen.

Fünf Wochen in simulierter Schwerelosigkeit

Die Module beinhalten verschiedenste Labore zur Untersuchung der Auswirkungen extremer Umweltbedingungen auf den Menschen und möglicher Gegenmaßnahmen. Mal ist schwerer Strahlenschutz gefordert, mal absolute Gasdichtheit, mal eine verstärkte Decke gegen den Unterdruck im Raum. Das mittlere, kreisrunde Modul ist freilich besonders maßgeschneidert worden. In ihm rotiert die „Kurzarm-Humanzentrifuge“ zur Untersuchung des Einflusses erhöhter Schwerkraft auf Kreislauf und Bewegungsapparat. Nebenan werden die Auswirkungen von Unterdruck, Sauerstoffüberversorgung oder -unterversorgung erforscht. Probanden liegen zum Teil fünf Wochen in einem um sechs Grad nach hinten gekippten Bett, eine Möglichkeit, unter irdischen Bedingungen lang andauernde Schwerelosigkeit zu simulieren.

Im Psychologielabor werden Probanden isoliert, immobilisiert, Stress unter standardisierten Bedingungen ausgesetzt, um längere Raumflüge zu simulieren. Ein PET-MRT steht für diverse Untersuchungen körperlicher Veränderungen, Stoffwechseleffekte et cetera, zur Verfügung. Im Biologielabor werden Experimente im Weltraum vorbereitet.

Ein emblematischer Bau mit anregender Farb- und Lichtatmosphäre

Die Forschungseinrichtung, „:envihab“ genannt, ein Kunstwort aus „environment“ und „habitat“, ist darauf ausgelegt, außerirdische Bedingungen zu simulieren, unter denen Menschen und zum Teil auch andere Organismen untersucht und trainiert werden können, um sie für Luft- und Raumfahrt fit zu machen. Die Architektur stellt den Forschern dafür optimale Bedingungen zur Verfügung – in einem emblematischen Bau, der Ästhetik und Raumerlebnis sowie anregende Farb- und Lichtatmosphäre zu seinen Sekundärtugenden zählt.

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