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Teil eines Schulterblattknochens. In der Mitte ist ein umwachsenes Stück Feuerstein erkennbar.

© mission Beisamoun

Neues Ritual vor 9000 Jahren: Archäologen finden Spuren frühester Feuerbestattung im Nahen Osten

Die bestattete Person hatte eine Schusswunde. Doch das ist nicht das Besondere an den neuen Ausgrabungsfunden in Israel.

Die früheste bekannte Feuerbestattung im Nahen Osten fand vor rund 9000 Jahren statt. Darauf deuten die Funde eines Forschungsteams in Beisamoun im Norden Israels. Die Entdeckung könnte eine Veränderung der Bestattungskultur anzeigen, berichten die Forschenden in der Fachzeitschrift „Plos One“.

Das Team um Fanny Bocquentin vom französischen Nationalen Zentrum für Wissenschaftliche Forschung CNRS hat an der neusteinzeitlichen Grabungsstätte eine Grube mit 8700 bis 9000 Jahre alten Überresten eines Menschen gefunden, die von der Brandbestattung zeugen.

„Die Stellung der Toten im Dorf und der Gesellschaft wurde damit neu definiert“, sagt Bocquentin. Die Verehrung der Ahnen und aufwendigere und langwierige Bestattungspraktiken wichen einem kürzeren Ritual. „Ich könnte mir vorstellen, dass die Brandbestattung auch dazu diente, die Macht der Ahnen zu begrenzen“, sagte die Archäologin dem Tagesspiegel.

Die Zeit, aus der die Funde stammen, könnte eine Übergangsphase gewesen sein. Zuvor waren Verstorbene begraben und ihre Gräber häufig später geöffnet worden, um die Knochen neu zu arrangieren und die Schädelknochen getrennt beizusetzen. Gräber wurden innerhalb von Siedlungen angelegt.

Etwa zwei bis drei Jahrhunderte später wurden Verstorbene jedoch außerhalb bestattet und Gräberfunde sind selten. Weitere Ausgrabungen an anderen Einäscherungsstätten in der Region müssen bestätigen, dass ein kultureller Wandel stattgefunden hat.

Verbrennung im Frühling

Die jetzt beschriebenen Knochen wurden kurz nach dem Tod der Person auf bis zu 700 Grad Celsius erhitzt. Die Fundstelle ist eine Grube, die nach oben offen, aber von isolierenden Lehmwänden umgeben war. Darin lagen 355 Knochenteile, die teilweise deutliche Brandspuren trugen.

Ihre Positionen lassen das Forschungsteam darauf schließen, dass sie nicht einzeln, sondern als Teile des vollständigen Körpers abgelegt worden waren. Die erhaltenen Gelenke deuten darauf hin, dass der Körper sitzend positioniert und während und nach der Verbrennung nicht bewegt worden war.

Ausgrabungsstätte in karger Landschaft im Norden Israels. Auf dem Boden ist altes Mauerwerk erkennbar.
Die Ausgrabungsstätte in Beisamoun

© mission Beisamoun

Bocquentins Team fand zudem Reste von Pflanzenmaterial: Brennmaterial für die Einäscherung, aber auch blühende Pflanzen, die möglicherweise als Schmuck dienten oder wegen ihres Geruchs beigelegt worden waren. Die Funde dienen als Beweise dafür, dass hier im Frühling ein kurz zuvor verstorbener Mensch feuerbestattet wurde und dass es sich nicht um die Überreste eines bei einem Brand Verstorbenen handelt.

Schuss in den Rücken

Das Geschlecht der jungen erwachsenen Person konnte nicht bestimmt werden. Die Forschenden fanden aber ein aufschlussreiches Detail: ein Projektil aus Feuerstein, das in ein Schulterblatt eingedrungen war.

„Es ist eine Pfeilspitze, die wahrscheinlich aus der Nähe mit großer Kraft in den Rücken geschossen wurde“, sagt Bocquentin. Sie geht aber nicht davon aus, dass die Person an der Schusswunde starb. Die Verletzung erfolgte mehrere Monate vor dem Tod. Der betroffene Knochen war verheilt und zeigte auch keine Spuren einer späteren Infektion.

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