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Suche nach Lob. Wer sensibel auf soziale Anerkennung reagiert, nutzt häufig Social Media.

© dpa

Neurowissenschaft: Was macht Facebook mit unserem Gehirn?

Ein Lob im Alltag aktiviert ähnliche Hirnregionen wie ein "Like" auf Facebook. Forscher könnten von solchen Effekten profitieren - und Daten aus sozialen Netzwerken für die Neurowissenschaft heranziehen.

Ein Bild auf Twitter teilen, etwas bei Facebook „liken“ oder einen Beitrag kommentieren: Aktionen in sozialen Netzwerken lassen ihre Nutzer nicht unberührt. Kommentiert man etwa den Beitrag eines Freundes, taucht die Frage auf, was dieser davon halten wird. Nutzer, die etwas Persönliches posten, denken auch über sich selbst nach. Und wer ein „Like“ oder eine Freundschaftsanfrage bekommt, freut sich über die soziale Anerkennung.

"Likes" aktivieren das Belohnungssystem

Wissenschaftler von der Freien Universität in Berlin haben nun gemeinsam mit einer Forscherin von der US-amerikanischen Princeton University im Fachblatt „Trends in Cognitive Sciences“ einen Überblick darüber veröffentlicht, wie Neurowissenschaftler von Nutzungsdaten aus sozialen Medien profitieren können. Dar Meshi, einer der Berliner Autoren, sieht „großes Potenzial“.

Dahinter steht die Annahme, dass Handlungen in den sozialen Medien ähnliche Gehirnregionen ansprechen wie ihre Offline-Äquivalente. Wenn etwa jemand im Alltag von einem Freund gelobt wird, dann aktiviert das Belohnungssystem im Gehirn. Die Wissenschaftler um Dar Meshi glauben, dass das Gleiche passiert, wenn jemand einen „Like“ auf Facebook bekommt. Auch das Teilen von Informationen könnte online und offline ähnliche Hirnregionen aktivieren. „In der Forschung kann man die Nutzungsdaten aus den sozialen Netzwerken als Stellvertreter für das Verhalten offline verwenden“, sagt Meshi.

Die gewonnen Daten könnten die Wissenschaftler in Zusammenhang mit neuronalen Strukturen und Prozessen im Gehirn bringen. In einer früheren Studie fanden er und seine Kollegen bereits Verblüffendes heraus: Wer sehr sensibel auf sogenannte reputationsbasierte soziale Belohnungen reagiert, benutzt häufiger soziale Medien. Die Wissenschaftler scannten das Gehirn von Probanden, die gerade erfahren hatten, dass andere gut über sie denken. Anhand der Stärke der Reaktion im Gehirn konnten die Forscher prognostizieren, wie oft dieser Mensch soziale Medien nutzt.

Social Media führt zu Verhaltensänderung

Für die Neurowissenschaftler haben die Daten aus den sozialen Medien einen entscheidenden Vorteil: Mit 1,5 Milliarden Nutzern allein auf Facebook, gibt es nahezu unbegrenzt Material. Die Daten lassen sich einfach über eine Schnittstelle downloaden und quantifizieren. Experimente im Labor dagegen sind viel aufwändiger zu organisieren, oft durch die Versuchssituation verfälscht und von sozialer Erwünschtheit geprägt.

Trotzdem bergen natürlich auch die Daten aus den sozialen Netzwerken Schwierigkeiten. Die Forscher brauchen für einen Download nicht nur das Einverständnis des Nutzers, sondern unter Umständen auch das der Personen, mit denen er kommuniziert hat. Zudem führt die Nutzung von Social Media zu einer Verhaltensänderung. „Im Alltag sind 30 Prozent von dem, was Menschen sagen, Ich-bezogen. Auf Twitter sind es 80 Prozent“, sagt Meshi. Nutzer sind in den sozialen Medien  darauf bedacht, sich in einem möglichst positiven Licht präsentieren – das kann zu Verzerrungen führen. Ebenso wie die Tatsache, dass Nutzer in den sozialen Netzwerken die Reaktion ihrer Interaktionspartner nicht sofort erleben.

Dar Meshi glaubt trotzdem an eine wahre Goldgrube für Neurowissenschaftler. „Schlussendlich lässt sich vielleicht die große Frage beantworten: Was macht die Nutzung von sozialen Medien mit unserem Gehirn?“

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