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Exklusiv. Die Freie Universität will Onlinekurse nur über Apple anbieten.

© dpa

Onlinekurse: Fesselt sich die FU an Apple?

Endlich will die Freie Universität Lehrinhalte auch über das Internet verbreiten. Dabei sollen sich alle Uniangehörige an Apples ITunesU binden - so steht es zumindest in einem Brief an die Studiendekane. Kritiker sprechen von einem "Datengeschenk an ein großes Unternehmen".

Die Freie Universität Berlin (FU) plant, Lehrveranstaltungen künftig auch für Nicht-Studierende online zugängig zu machen. Für solche digitalen Vorlesungen will die Universität offenbar ausschließlich die Apple-Hochschulsoftware ITunesU nutzen. Das geht zumindest aus einem internen Schreiben hervor, das dem Tagesspiegel vorliegt.

Darin fordert FU-Kanzler Peter Lange die Lehrenden dazu auf, audiovisuelle Mitschnitte von Vorlesungen, sobald dies technisch möglich ist, nur über die Apple-Plattform hochzuladen: "Ich möchte Sie deshalb bitten, von der Nutzung anderer externer Internet-Plattformen zur Verbreitung von aufgezeichneten Lehrveranstaltungen und audiovisuellen Materialien abzusehen", heißt es in dem Brief. "Ich bitte Sie in diesem Zusammenhang auch, darauf zu achten, dass Ihre Dozentinnen und Dozenten über diese Regelung informiert werden." Bislang hat die Universität Lehrveranstaltung nicht im großen Umfang online gestellt. Laut Schreiben werden derzeit rechtliche und technische Vorbereitungen getroffen, um die Plattform "in absehbarer Zeit" verwenden zu können.

Kritik an der Entscheidung der FU kommt vor allem von Netzaktivisten. Über ITunesU würden Inhalte bereitgestellt, die öffentlich finanziert, aber kommerziell vertrieben würden, beklagt Leonhard Dobusch auf Netzpolitik.org. Die Software ist zwar von jedem kostenlos nutzbar, auch auf Computern mit Windows-System. Als Online-Gasthörer braucht man aber einen Apple-User-Account. Die Universität treibe damit letztlich Studierende zu Apple. Die Inhalte würden dem Unternehmen dabei exklusiv zur Verfügung gestellt. Hannes Hauswedell von der Fachschaft Bioinformatik sagte dem Internetmagazin Golem.de: "Was das Präsidium der Universität plant, scheint leider kein besonders universeller Zugang zu werden, eher ein Datengeschenk an ein großes Unternehmen."

Jonas Liepmann, Geschäftsführer und Mitgründer der E-Learning-Plattform Iversity.org, begrüßt den Vorstoß der Universität zwar grundsätzlich. Beim Thema digitaler Campus hängen viele deutsche Universitäten noch hinterher. Liepmann findet es daher gut, dass die FU das Thema ernst nimmt und dass sich der Kanzler persönlich dafür einsetzt, dass Externe online an Kursen und Lernunterlagen teilhaben können. Er bedauert jedoch die jetzige "Marschrichtung" der FU. Es sei schade, dass die Universität sich nicht vorher im eigenen Umfeld nach möglichen Partnern für solche offenen Kurse umgeschaut habe. Liepmann hat selbst an der FU studiert und Iversity einst als Studentenprojekt gegründet. Seine Firma hat die Universität zwar erst vor wenigen Tagen darüber informiert, dass sie künftig auch Online-Vorlesungen von Unis anbieten will. Das Center für Digitale Systeme, das auch in dem Schreiben des Kanzlers erwähnt wird, wusste darüber jedoch Bescheid.

In Liepmanns Augen hinkt die FU mit ihrer Entscheidung nicht nur zeitlich, sondern auch technisch hinterher. Die Apple-Software sei ein "geschlossenes System" und biete keine Möglichkeiten zum Austausch, wie es im Online-Bereich üblich ist. Man kann Inhalte beispielsweise nicht über soziale Netzwerke weiterverwenden. Auch Leonhard Dobusch fragt sich, worin der Nachteil bestehen sollte, "wenn die Vorlesungsvideos neben ITunesU auch auf Youtube oder Vimeo verfügbar gemacht werden?" Auf Twitter diskutieren Studierende bereits über das Vorhaben.

Andere große deutsche Universitäten gehen bei ihren Onlineangeboten anders vor. Die LMU München etwa bietet Kurse nicht nur auf ITunesU an - sondern seit kurzem auch auf Coursera, einer Plattform, auf der sich auch Seminare etwa aus Stanford und Princeton finden. "Wir nutzen die Vorteile von beiden Plattformen", sagte eine Sprecherin auf Anfrage. Auf Coursera sei die Zielgruppe eine etwas andere, weil die Kurse akademischer seien. Interessenten aus aller Welt können dort online richtige LMU-Seminare belegen, bereits 20 000 User haben sich dafür angemeldet. Zum Juli dieses Jahres startet die LMU auf Coursera  zum Beispiel eine achtwöchige Einführung in die mathematische Philosophie. Auf ITunesU, wo die LMU seit 2009 vertreten ist, bietet die Uni dagegen weniger richtige Seminare als vielmehr populärwissenschaftlichere Formate an: wie kurze Videofilme zu aktuellen Forschungsvorhaben oder Video-Versionen der Kinderuni. Auf ITunesU finden sich aber auch Vorlesungsmitschnitte oder mehr als 17 000 elektronische Dissertationen. Die Angebote wurden nach LMU-Angaben bereits 15 Millionen Mal heruntergeladen.

Andere US-Elite-Unis wie Harvard und MIT haben sich für ihre Onlineangebote in dem Konsortium "edX" zusammengeschlossen. Das MIT ist gleichzeitig Mitglied im "Open Courseware Consortium" von 200 Hochschulen. In den "Massive Open Online Courses" der amerikanischen Unis haben sich weltweit bereits Millionen User eingeschrieben.

Ein FU-Sprecher bestätigte am Mittwoch Nachmittag auf Anfrage, dass ITunesU für die FU "schwerpunktmäßig zum Einsatz kommen" soll. Es handele sich aber nicht um eine Exklusiv-Kooperation. Der Brief an die Studiendekane sei "missverständlich formuliert". Die FU plane lediglich, ebenso wie viele deutsche und internationale Hochschulen, die Software offiziell zu nutzen. "Die Lehrenden haben die Möglichkeit, diesen Auftritt aktiv mit ihren Lehrveranstaltungen mitzugestalten und ihre Arbeit einer weltweiten Öffentlichkeit zu präsentieren."

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