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Ozonabbau: Gut fürs Klima, schlecht für die Ozonschicht

Als Notbremse gegen den Klimawandel solle man große Mengen Schwefel in der Stratosphäre verbrennen. Das hat Chemienobelpreisträger Paul Crutzen vom Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie vorgeschlagen.

Als Notbremse gegen den Klimawandel solle man große Mengen Schwefel in der Stratosphäre verbrennen. Das hat Chemienobelpreisträger Paul Crutzen vom Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie vorgeschlagen. So entstünden winzige Schwefelsäure-Tröpfchen, die einen Teil des Sonnenlichtes in den Weltraum reflektierten und so die tiefer liegenden Atmosphärenschichten beschatten und kühlen würden.

Diese Notbremse könnte schlimme Folgen haben, sagen Rolf Müller (Forschungszentrum Jülich), Simone Tilmes (Atmosphären-Forschungszentrum in Boulder, US-Bundesstaat Colorado) und Ross Salawitch von der Universität von Maryland. Wie die Autoren online in Science schreiben, könnte durch den Schwefel in der Stratosphäre in Polnähe jede Menge Ozon vernichtet werden. So würde die Schutzschicht immer dünner, die die gefährliche ultraviolette Sonnenstrahlung von der Erde abschirmt.

Ausgelöst wird der Ozonabbau von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) – chemische Verbindungen, die früher als Kühlmittel in Kühlschränken oder als Treibgase für Spraydosen eingesetzt wurden. Hoch oben in der Stratosphäre spaltet das ultraviolette Licht der Sonne aus ihnen Chlor-Radikale ab, die die Ozonmoleküle zerstören.

Fallen in der Polarnacht die Temperaturen in der Stratosphäre unter minus 78 Grad Celsius, bilden sich aus verschiedenen Substanzen winzige Flüssigkeitströpfchen oder Eiskristalle. Von der Erde aus kann man diese Teilchen als Perlmutt-Wolken sehen. Wissenschaftler sprechen von „polaren Stratosphärenwolken“ (englisch „Polar Stratospheric Clouds“ oder kurz PSC).

Auf der Oberfläche der Stratosphärenwolken entstehen in der Polarnacht aus den FCKW Chlor-Moleküle. Die ersten Strahlen der Frühjahrssonne aktivieren daraus Chlor-Radikale, die in einer Kettenreaktion sehr viel Ozon zerstören. Zwei Drittel des Ozons sind in manchen Frühjahrsmonaten über der Antarktis verschwunden, In der Luftschicht zwischen 15 und 20 Kilometern Höhe wird dann das Ozon sogar vollständig zerstört. Weil über der Arktis die Temperaturen in der Stratosphäre normalerweise nicht so tief wie über dem Südpol fallen, bilden sich dort auch erheblich weniger PSC und auch in kalten Stratosphärenwintern wie dem gerade zu Ende gegangenen werden „nur“ 20 oder 30 Prozent des Ozons abgebaut.

Wie beeinflusst nun eine mögliche Injektion von Schwefel in die Stratosphäre diese Vorgänge? Als Beispiel mag der philippinische Vulkan Pinatubo dienen, der zwischen dem 12. und 15. Juni 1991 in gewaltigen Eruptionen Schwefelverbindungen bis in 34 Kilometer Höhe katapultierte. In der Stratosphäre bildeten sich Schwefelsäure-Tröpfchen, die genug Sonnenstrahlen reflektierten, um die Temperaturen auf der Erde in den folgenden Monaten um durchschnittlich ein halbes Grad Celsius abzusenken. Schwefelsäure in der Stratosphäre wirkt dem Klimawandel also tatsächlich entgegen.

Doch die Schwefelsäure-Tröpfchen, reagieren bei tiefen Temperaturen in der Polarnacht auch mit große Mengen an Chlorverbindungen. Die ersten Sonnenstrahlen im Frühjahr setzen nun Chlor-Radikale frei, die Ozon zerstören. So baute der Pinatubo-Ausbruch in den folgenden vier Jahren kräftig Ozon vor allem über den Polen ab. Die anhand dieser Eruptionen gewonnen Werte übertrug das Team um Müller in ein Computermodell.

Damit ließen sich die Folgen berechnen, die das Verbrennen großer Schwefelmengen in der Stratosphäre für Regionen nahe an Nord- und Südpol mit sich bringt.

Das Ergebnis ist ernüchternd: Da sich die entstehende Schwefelsäure rasch bis zu den Polen verteilt, würde der Ozonabbau über der Arktis erheblich ausgeweitet und verstärkt werden. Über der Antarktis wiederum würde das nach dem weltweiten Bann für FCKW erwartete „Ausheilen“ des Ozonlochs dreißig bis siebzig Jahre länger dauern, als bisher erwartet wird.

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