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Pharmaindustrie: Die Pille der Erkenntnis

Die Berliner Uniklinik Charité und der Pharmakonzern Sanofi-Aventis haben eine Zusammenarbeit vereinbart. Ein entsprechender Vertrag wurde am Montag vom Charité-Vorstandsvorsitzenden Karl Max Einhäupl und vom Sanofi-Vorstandsvorsitzenden Christopher Viehbacher in der Charité an historischer Stätte im Hörsaal Rudolf Virchows unterzeichnet.

Es ist das erste Mal, dass in Deutschland eine umfassende Kooperation zwischen einer Uniklinik und einem Pharmaunternehmen vereinbart worden ist, eine „Private Public Partnership“. Der Vertrag sieht vor, dass Forscher von Charité und Sanofi bereits in der frühen Phase der Medikamentenentwicklung zusammenarbeiten und nicht erst, wie heute meist üblich, bei Arzneimitteltests. Der unter Sparzwängen leidenden Charité könnte dies dringend benötigtes Geld einbringen und dem Pharmakonzern den Weg zu neuen Arzneimitteln erleichtern. Denn neue Ideen und Innovationen sind in der Pharmaindustrie selten geworden.

„Dies kann der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein“, zitierte Charité-Chef Einhäupl bei der Unterzeichnung Humphrey Bogart aus dem Film „Casablanca“. Es werde auf diesem Weg sicher auch Schwierigkeiten und Konflikte geben, aber erfolgreiche Beispiele in den USA, Großbritannien und Skandinavien existierten bereits. Mit Blick auf die gescheiterte Kooperation zwischen der Charité und den privaten Helios-Kliniken sagte Einhäupl, man werde sicherstellen, dass öffentliche Mittel nicht für ungerechtfertigte Zwecke eingesetzt würden und für klare Dokumentation und Transparenz sorgen. Die Unabhängigkeit der Charité und die Forschungsfreiheit blieben gewahrt, versicherte Einhäupl. Auch ein Abkommen mit weiteren Unternehmen sei möglich. „Wir sind bereits im Gespräch.“

Sanofi-Aventis ist der viertgrößte Pharmakonzern der Welt. Das Unternehmen kooperiert schon mit anderen Hochschulen, darunter dem Salk Institute in La Jolla und dem California Institute of Technology in Pasadena.

Charité und Sanofi wollen zunächst in der Schlaganfall- und Rheumaforschung zusammenarbeiten. In Deutschland erleiden jedes Jahr mehr als 200 000 Menschen einen Schlaganfall. Etwa jeder vierte führt zum Tod, ein weiteres Viertel der Betroffenen trägt bleibende Schäden davon. Zudem nützt die Behandlung mit gerinnungshemmenden Medikamenten nur jedem 20. Patienten, sagte der Charité-Neurologe Ulrich Dirnagl. Sanofi könne helfen, die positiven Ergebnisse aus Tierversuchen in die medizinische Praxis umzusetzen. In der Rheuma-Kooperation geht es vor allem darum, Patienten gezielter zu behandeln und Rückfälle zu verhindern.

Berlin ist für Sanofi kein Neuland. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts kooperierten die Farbwerke Höchst, ein Vorläufer des Unternehmens, mit Robert Koch, Paul Ehrlich und Emil von Behring – allesamt Berliner Wissenschaftler und spätere Nobelpreisträger.

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