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Hans_Geiger

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Physik: Er ließ die Atome ticken

Spätestens seit dem Unglück in Tschernobyl ist der Geiger-Zähler jedem Menschen ein Begriff. Sein Name wird für immer mit Atomtphysik verbunden sein. Zum 125. Geburtstag des Physikers Hans Geiger.

„Varieté Geiger“ oder „Zirkus Geiger“ nannte man vor 70 Jahren begeistert und zugleich ironisch die Experimentalvorlesungen des Physikers Hans Geiger an der Berliner Technischen Hochschule. Durch sie wurden nicht nur die Studienanfänger in die Physik eingeführt und für das Fachgebiet begeistert, sie waren auch für andere Fakultäten eine Attraktion und veranlassten manchen, die Fachrichtung zu wechseln.

Geiger war aber nicht nur ein begnadeter Hochschullehrer, sondern auch ein herausragender Physiker. Die von ihm entwickelten elektrischen Zählmethoden zum Nachweis atomarer Teilchen sind Marksteine in der modernen Physik. Der Geiger-Zähler lässt nicht nur die Atome „ticken“, er gehört heute auch zu den meistgenutzten Geräten in Naturwissenschaften, Medizin und Technik. Nicht zuletzt wurde er zum Symbol für Radioaktivität und Strahlenschutz.

Durch Zufall zum Pionier der Atomphysik

Dass Hans Geiger, der am 30. September 1882 in Neustadt an der Weinstraße geboren wurde, zu jenem Pionier der modernen Atom- und Kernphysik wurde, war ein glücklicher Zufall. Nach seiner Promotion (1906) an der Universität Erlangen war Geiger für ein Jahr nach Manchester gegangen. Als er sich schon zur Rückkehr nach Deutschland entschlossen hatte, stattete der berühmte Ernest Rutherford dem Institut in Manchester, in dem er zukünftig arbeiten sollte, einen überraschenden Besuch ab und fand dort nur den jungen deutschen „Postdoc“ vor. Nach einem gemeinsamen Rundgang durch die wegen Semesterferien verwaisten Laboratorien schlug Rutherford ihm vor, in Manchester zu bleiben und unter seiner Leitung auf dem noch jungen Gebiet der Radioaktivität zu arbeiten. Geiger blieb für weitere fünf Jahre und bekam so die entscheidenden Impulse für seine künftige Forschungsarbeit.

Zu den bedeutendsten Erfolgen dieser Schaffensperiode zählt die Erfindung des Rutherford-Geiger’schen Zählers, der erstmals eine elektrische Zählung von Alphateilchen ermöglichte. Darüber hinaus leistete Geiger wichtige Beiträge zum Verständnis des radioaktiven Zerfalls und des Verhaltens von Alphastrahlen. Besonders wichtig waren dabei die im Jahr 1909 gemeinsam mit E. Marsden durchgeführten Experimente über die Streuung von Alphateilchen an dünnen Metallfolien, die Rutherford veranlassten, sein planetares Atommodell aufzustellen.

Das brachte Geiger Anerkennung und das Angebot des Präsidenten der Berliner Physikalisch-Technischen Reichsanstalt ein, dort ein Laboratorium für Radioaktivität aufzubauen. Von 1912 bis 1925 blieb Geiger an der Reichsanstalt. Gemeinsam mit Walther Bothe entwickelte er hier nach dem ersten Weltkrieg, in dem Geiger als Meteorologe diente, die Koinzidenzmethode. Damit ließ sich mittels zweier gekoppelter Nachweisgeräte die Simultanität atomarer Ereignisse mit hoher Genauigkeit prüfen. So gelang es in den Jahren 1924 bis 1925, beim Compton-Effekt die strenge Gültigkeit des Energieprinzips im atomaren Einzelprozess nachzuweisen – ein wichtiger Beitrag für die zeitgenössischen Diskussionen um die Grundlagen der Quantenmechanik.

1928 entwickelte der Physiker den berühmten Geiger-Zähler

1925 wurde Geiger an die Universität Kiel berufen, wo 1928 auf der Grundlage einer Zufallsbeobachtung seines Doktoranden Walther Müller das Geiger-Müller-Zählrohr – der Geiger-Zähler – entwickelt wurde. Das Gerät wurde in den folgenden Jahren zu einem für die moderne Physik und Technik unentbehrlichen und weit verbreiteten Hilfsmittel.

Um die systematische Anwendung und Verbesserung des Geräts hat sich Geiger in seiner letzten Schaffensperiode, die ihn ab 1935 wieder in Berlin als Professor der Charlottenburger Technischen Hochschule sah, verdient gemacht. Daneben trat er in dieser Zeit als Herausgeber des „Handbuchs der Physik“ und der „Zeitschrift für Physik“ hervor.

Seine letzten Lebensjahre waren von schwerer Krankheit und den Wirren der Kriegs- und Nachkriegszeit überschattet. So musste er noch im Sommer 1945 wegen der Potsdamer Konferenz sein Babelsberger Haus räumen und in ein Notquartier umziehen, wo er am 24. September 1945 starb.

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