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Wissen: Plagiate und die Ideologie der Tonne

Auf beliebte Professoren fliegen Doktoranden wie Motten auf Laternen. Mit 104 Doktoranden habe vor 25 Jahren ein Institutsleiter geprahlt, erinnert sich Hans-Gerhard Husung, Generalsekretär der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz.

Auf beliebte Professoren fliegen Doktoranden wie Motten auf Laternen. Mit 104 Doktoranden habe vor 25 Jahren ein Institutsleiter geprahlt, erinnert sich Hans-Gerhard Husung, Generalsekretär der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz. Was damals jedoch nur die Eitelkeit des Hochschullehrers befriedigt haben mag, gereicht heute der ganzen Uni zu Ruhm und Geld. In der „Leistungsbezogenen Mittelzuweisung“ (LBM), nach der Hochschulen drei bis 30 Prozent ihrer Grundmittel bekommen, gelten viele Promotionen als Nachweis von Erfolg. So hat es nicht zuletzt das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) als „Treiber der leistungsbezogenen Hochschulfinanzierung“ gewollt, wie Husung am Dienstagabend in der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung sagte. Dort diskutierten Experten über Konsequenzen aus den Plagiatsskandalen.

Gilt also Masse statt Klasse? Viele Doktoranden, „das wäre tatsächlich zunächst etwas Positives“, sagte Barbara Obst-Hantel, die Kanzlerin der Uni Potsdam. Auch Potsdam bekommt mehr Geld für mehr „Leistung“. Der Professor würde entsprechend über die W-Besoldung belohnt. Zwar würde die inflationäre Quote von 104 Doktoranden auch kritische Fragen aufwerfen, sagte Obst-Hantel. „Aber wenn die Hochschulen ihr Geld immer mehr verdienen müssen, kommt es zur Tonnenideologie.“ Die Politik müsse darum Kappungsgrenzen festlegen.

Dagmar Simon, Leiterin der Forschungsgruppe Wissenschaftspolitik am Wissenschaftszentrum Berlin, findet finanzielle Leistungsanreize „nicht falsch“. Die Hochschulen sollten auch nicht so tun, als seien ihnen die Parameter „von oben oktroyiert“ worden. Vielmehr sollten sie selbst an Kriterien arbeiten, mit denen sich neben quantitativen Faktoren auch Qualität abbilden lässt. Ein Beispiel in der Forschung ist die unterschiedliche Gewichtung von Drittmitteln aus verschiedenen Quellen, sagte Andrea Güttner vom CHE. Vor allem komme es aber darauf an, die Säulen der Hochschulfinanzierung aufeinander abzustimmen.

Fachkulturen mit zahlreichen Discount-Dissertationen wie der Medizin ist damit aber nicht beizukommen, genauso wenig wie eitlen Betrügern, da waren sich alle einig. Anja Kühne

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