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Die Glaubwürdigkeit der Bundesbildungsministerin Annette Schavan leidet.

© dpa

Plagiatsaffäre: „Schavan angeschlagen“

Politiker verschiedener Parteien drängen auf ein zügiges, aber faires Verfahren. Dass die Glaubwürdigkeit der Bildungsministerin Schavans bereits gelitten hat, bezweifelt keiner. Der Bundesverband Liberaler Hochschulgruppen fordert ihren Rücktritt.

Bundesbildungsministerin Annette Schavan hat am Mittwoch neue Rückendeckung von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Plagiatsaffäre bekommen: „Die Kanzlerin schätzt ihre Arbeit, und sie hat volles Vertrauen in ihre Arbeit“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Für Schavan gelte die Unschuldsvermutung. Zu der Frage, ob Merkel Schavan in ihrer Amtsführung durch das Verfahren beeinträchtigt sehe, sagte Seibert: „Nein.“

Wie berichtet hat die Uni Düsseldorf am Dienstag das Hauptverfahren eröffnet. Darin soll der Rat der Philosophischen Fakultät sich mit sämtlichen Unterlagen aus dem Promotionsausschuss der Fakultät befassen. Das siebenköpfige Gremium hatte der Fakultät im Dezember einstimmig empfohlen, Schavan den Titel abzuerkennen. Der Fakultätsrat tritt am 5. Februar wieder zusammen. Ob es dann zu einer Entscheidung der 15 stimmberechtigten Mitglieder kommt, ist offen.

Politiker der Opposition kritisierten Versuche, das Verfahren der Uni zu beeinflussen. Ernst Dieter Rossmann, der Forschungsexperte der SPD im Bundestag, erklärte: „Versuche der Einflussnahme von Außen unter krasser Missachtung der Verantwortung der Hochschule und Anerkennung ihrer Rechte sind unangebracht und geeignet, das Vertrauen in die Selbstreinigungskräfte der Wissenschaft nachhaltig zu schädigen.“ Plagiatsvorwürfe seien „keine Petitesse; auch deshalb sollte Frau Schavan ein großes Interesse an einer Prüfung durch die Hochschule Düsseldorf ohne Ansehen der Person und an einer zügigen Klärung der Raum stehenden Vorwürfe haben“.

Die grünen Bundestagsabgeordneten Krista Sager und Kai Gehring erklärten, die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis seien für die Wissenschaft „existentiell“. Das müsse die Politik respektieren. Schavan sei darum unhaltbar, sollte ihr die Uni den Titel aberkennen. Sager und Gehring appellierten an die Universitäten, ihre Prüfverfahren „im Sinne guter Standards stärker zu vereinheitlichen“.

Die SPD-Abgeordnete Ulla Burchardt sagte der dpa, der Bund sei auch nach der Föderalismusreform für die Sicherung der Hochschulabschlüsse zuständig und könne auch für Kontrollverfahren beim Verdacht von Verfehlungen Rahmenvorgaben machen.

Petra Sitte von der Linken im Bundestag erklärte, Schavan sei als Ministerin „angeschlagen“. Anstehende wichtige Entscheidungen könne sie „kaum glaubwürdig vorbereiten und diskutieren“. Das Verfahren dürfe nicht zu lange dauern: „Die monatelange Hängepartie um die Ministerin hilft niemandem.“ Sitte kritisierte auch die Intervention der „Allianz“ der zehn großen Wissenschaftsorganisationen, die das Verfahren der Uni Düsseldorf in Frage gestellt hatten: „Die Einmischung hat der Ministerin eher geschadet als genützt.“ Den Einrichtungen könne „politischer Opportunismus“ unterstellt werden: „Der Eindruck, in diesem Verfahren werde anders gehandelt als bei weniger prominenten Fällen muss auf jeden Fall vermieden werden.“

Der Historiker Paul Nolte, Professor an der FU Berlin, plädierte im „Deutschlandradio Kultur“ für eine Verjährungsfrist bei Plagiatsvergehen. Es sei „ein sehr fragwürdiges Verhalten, so mit dem Leben eines Menschen umzugehen“. Die Behauptung anderer Professoren, 1980 hätten weniger strenge Zitierregeln gegolten, wies Nolte zurück. Allerdings werde es für Schavan „eng“. Schon wegen der Einleitung des Verfahrens sei ihre Integrität beschädigt. Sie müsse sich fragen lassen, „ob sie als Bildungsministerin noch länger amtieren kann“.

Bernhard Kempen, der Präsident des Hochschulverbands, sagte der dpa, es sei fraglich, „ob es dem Amt des Bundesbildungsministers wirklich gut tut, unter diesen Umständen weiterhin Ministerin zu bleiben“.

Während der FDP-Abgeordnete Patrick Meinhardt betonte, die „Unschuldsvermutung“ müsse für Schavan weiter gelten und ein „ordentliches Verfahren“ anmahnte, forderte der Bundesverband Liberaler Hochschulgruppen Schavans Rücktritt: „So große Zweifel an der Qualität ihrer wissenschaftlichen Arbeit beschädigen ihre Glaubwürdigkeit als Bildungspolitikerin schwer“, erklärte die Vorsitzende Svenja Hahn. Schavan solle ihr Amt niederlegen, „ bevor es zu einem Titelentzug und somit zu einer Blamage für die deutsche Wissenschaft kommen könnte“. Schon im Mai hatte die Junge Union in Baden-Württemberg Schavan den Rücktritt nahe gelegt.

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