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Annette Schavan gerät auch im eigenen CDU-Landesverband in Baden-Württemberg wegen der Plagiatsvorwürfe unter Druck.

© dapd

Plagiatsverdacht: Schavan in Südwest-CDU unter Druck

Annette Schavan schweigt weiter zu den Plagiatsvorwürfen gegen sie. Doch der Unmut wächst: in der Wissenschaft, bei der Opposition und auch in den eigenen Reihen.

In der Südwest-CDU, dem Landesverband von Annette Schavan, nimmt die Unzufriedenheit über die Wissenschaftsministerin und ihren Umgang mit den Plagiatsvorwürfen gegen sie zu. „Es gibt großen Unmut im gesamten Landesverband. Es brodelt“, sagte der Vorsitzende der Jungen Union Baden-Württemberg, Nikolas Löbel, dem Tagesspiegel. Sie habe „die moralische Messlatte im Fall Guttenberg wahnsinnig hochgelegt – und das in einem Moment als die Partei noch geschlossen hinter Guttenberg stand. Jetzt kann sie nicht einfach unter dieser Latte hindurchtänzeln“, sagte Löbel mit Verweis auf Interviewäußerungen von Schavan in der Affäre um den Ex-Verteidigungsminister. Damals hatte sie gesagt, dass sie sich „nicht nur heimlich“ für die Plagiate Guttenbergs schäme. Viele sehen darin den entscheidenden Stoß, der Guttenberg aus dem Amt gekegelt hat.

Nun steht Schavan seit Tagen selbst im Verdacht, in ihrer 1980 verfassten Doktorarbeit plagiiert zu haben. Plagiatsjäger aus dem Netz haben auf die vermeintlichen Mängel aufmerksam gemacht. Und Schavan, die Bildungs- und jetzt vor allem wichtig -wissenschaftsministerin? Sie geht kaum in die Offensive. Zwei Verteidigungslinien hat sie bisher: Sie verweist empört auf die Anonymität der Plagiatsjäger im Netz und sie weist auf die Verantwortlichkeit der Universität Düsseldorf hin, wo sie ihre Arbeit geschrieben hatte. Mehr nicht. Zu den konkreten Vorwürfen aber schweigt die Ministerin. Das passt vielen in der Partei nicht, vor allem in der Südwest-CDU. Gerade als Wissenschaftsministerin habe sie eine Vorbildfunktion. Schavan dürfe nicht weiter mauern. „Sie muss aus Eigeninitiative heraus zur Aufklärung beitragen und Offenheit und Transparenz zeigen“, forderte Löbel. Und weiter: Für Schavan gelte zwar weiter die Unschuldsvermutung, und sie habe das Recht auf ein faires Verfahren, „bei dem der Ball zwar jetzt bei der Universität liegt, aber sie selbst muss sich aktiv am Aufklärungsprozess beteiligen“.

Sehen Sie hier, welche Prominente und Politiker sich schon beim Plagiat ertappen ließen:

Großen Widerspruch ernten die Jungunionisten für ihre Schelte nicht. Die Parteiführung der Südwest-CDU schweigt. Und immer wieder ist zu hören, dass sich die Beschwerden über den Umgang Schavans mit den Plagiatsvorwürfen häuften. Dass es ausgerechnet die Jungunionisten aus dem eigenen Landesverband sind, die nun den ersten Stein in Richtung Schavan werfen, ist kein Wunder. Das Verhältnis zwischen dem Parteinachwuchs und der Ministerin ist seit Jahren angespannt. Vor allem inhaltlich lag man häufig über Kreuz. Zuletzt hatte der CDU-Nachwuchs die Landespartei aufgefordert, Schavan bei einer erneuten Kandidatur für den CDU-Bundesvorstand nicht zu unterstützen, weil sie mit ihrer Position zur Abschaffung der Hauptschule nicht die Interessen der Südwest-CDU vertreten habe.

Aber auch im gesamten Landesverband ist Annette Schavan nicht sehr wohl- gelitten. Seit Jahren wird ihr vorgehalten, sich nicht ausreichend um die Partei zu kümmern. Sie zeige kaum Präsenz und wolle nur ihr Direktmandat abholen. Doch nicht nur aus den eigenen Reihen wird die Kritik lauter. Auch in der Wissenschaft verschärft sich der Ton. Der Münchner Rechtswissenschaftler Volker Rieble geht davon aus, dass Schavan ihren Titel wird abgeben müssen. Es hätten „schon Leute für weniger ihren Doktortitel verloren“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Der Berliner Jura-Professor Gerhard Dannemann warf Annette Schavan im „Focus“ „gravierendes wissenschaftliches Fehlverhalten“ vor. Dannemann gehört zur Internetplattform „VroniPlag“, die sich ebenfalls kritisch mit Schavans Doktorarbeit beschäftigt hat. Dort gab es eine Debatte darüber, ob die Fundstellen in Schavans Arbeit nun der Rede wert sind oder nicht. Es gab es knappes Votum gegen eine Veröffentlichung, was einigen missfiel. Deshalb hat ein Plagiatsjäger, der sich als "Robert Schmidt" ausgibt, die Plattform "Schavanplag" ins Leben gerufen, auf der die heiklen Stellen der Arbeit dokumentiert sind.

Die Affäre Guttenberg in Bildern:

Auch von Seiten der Opposition nimmt der Druck zu. Für Schavan als Bildungsministerin gälten „besondere Maßstäbe“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, der „Bild am Sonntag“. Die Ministerin habe „Vorbildfunktion für alle Studierenden“. Sie müsse selbst das größte Interesse daran haben, „dass alle Vorwürfe um ihre Doktorarbeit schnell aufgeklärt werden“. Daher solle sie „nicht länger schweigen“. Auch Oppermans Grüner Amtskollege Volker Beck verlangt Aufklärung. „Anonyme Hinweise hin oder her, Frau Schavan muss das jetzt aufklären“, sagte Beck der „Bild am Sonntag“.

Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Dagmar Ziegler, sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung": „Sollten die Vorwürfe zutreffen, dann ist Frau Schavan als Ministerin, gar als Wissenschaftsministerin nicht zu halten“.

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