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Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU).

© dpa

Update

Plagiatsvorwürfe gegen Ursula von der Leyen: Uni leitet Hauptprüfung der Doktorarbeit ein

Die Medizinische Hochschule Hannover wird die Doktorarbeit von Ursula von der Leyen einer Hauptprüfung unterziehen. Ein Experte spricht von "eindeutigem Plagiat".

Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) wird die Doktorarbeit von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in einer Hauptprüfung untersuchen. Das teilte die MHH am Montag mit. Die Hochschulleitung habe entschieden, eine „förmliche Untersuchung“ durch die „Kommission für Gute Wissenschaftliche Praxis“ einzuleiten. Vorausgegangen war eine Vorprüfung der Arbeit durch die Ombudsperson der Hochschule.

Die Ergebnisse der Vorprüfung liegen vor

Der – vertrauliche – Bericht über die Ergebnisse der Vorprüfung liege der Hochschulleitung seit Sonntag vor. Für wie schwerwiegend die Ombudsperson die Plagiatsvorwürfe hält, ließ die Hochschule offen. Dass es eine Hauptprüfung geben wird, lasse keinen Rückschluss auf das mögliche Ergebnis des Verfahrens zu: „Die Schwelle zur Einleitung der Hauptprüfung ist grundsätzlich niedrig.“

VroniplagWiki machte die Plagiatsvorwürfe öffentlich

Leyen wurde 1991 an der MHH promoviert; sie fertigte damals eine klinisch-experimentelle Arbeit in der Frauenheilkunde an. Die Plagiatsvorwürfe durch die Internetplattform „VroniplagWiki“ wurden am Wochenende öffentlich. Wie berichtet, sind auf „VroniplagWiki“ derzeit 37 Plagiate identifiziert. Diese finden sich auf 27 der 62 Seiten langen Arbeit, betroffen sind also 43,5 Prozent aller Seiten. „Konservativ geschätzt“ müssten rund zwölf Prozent des Gesamttextes nach derzeitigem Stand als plagiiert gelten, heißt es auf der Internetplattform.

Leyen habe die Hochschulleitung im August um eine Überprüfung ihrer Doktorarbeit gebeten, teilte die MHH nun mit. Seitdem habe die Ombudsperson der Hochschule die Doktorarbeit und die Vorwürfe von VroniplagWiki vorgeprüft. Als Ombudsperson agiert der Immundermatologe Thomas Andreas Werfel. Er sitzt jetzt auch in der Kommission für die Hauptprüfung, allerdings nur als Berater. Stimmberechtigt sind fünf andere Mitglieder: Je ein Mitglied aus den vier großen Fachbereichen der Medizinischen Hochschule sowie ein Jurist aus der Rechtsabteilung. Beratendes Mitglied ist zudem der Forschungsdekan.

Die Vorwürfe werden im Detail geprüft

Die Kommission werde jetzt alle im Raum stehenden Vorwürfe sowie deren Einzelbewertungen im Detail prüfen. In einem zweiten Schritt werde die Kommission zu einer „Gesamtbewertung“ kommen. Sieentscheidet dann mehrheitlich, ob der Titel entzogen wird. Der Bericht der Ombudsperson zur Vorprüfung enthalte bisher keine „abschließenden Wertungen“ zu den Vorwürfen. Wie lange die Hauptprüfung dauern werde, könne man derzeit nicht sagen, hieß es.

"An bloßes Versehen zu glauben fällt nicht leicht"

Die Plagiatsjäger hatten auf ihrer Seite resümiert, angesichts „der relativen Häufigkeit“ der beanstandeten Stellen lasse sich der Verdacht wissenschaftlichen Fehlverhaltens „nicht völlig von der Hand weisen“. An „bloßes Versehen zu glauben“, falle „nicht leicht“. Laut der Dokumentation enthalten drei Seiten der Arbeit sogar 50 bis 75 Prozent Plagiatstext, fünf Seiten mehr als 75 Prozent.

"Das ist eindeutig ein Plagiat"

Die Vorwürfe hält nicht nur der Berliner Juraprofessor Gerhard Dannemann, sondern auch sein Münchner Kollege Volker Rieble für schwerwiegend: „Das ist eindeutig ein Plagiat“, sagte Rieble auf Anfrage. Spannend sei, ob die Fakultät wirklich Konsequenzen ziehe. In vielen ähnlichen Fällen hätten medizinische Fakultäten Verstöße letztlich eben nicht sanktioniert. Das Argument, medizinische Doktorarbeiten seien ohnehin oft von fragwürdiger Qualität, sei jedenfalls „belanglos“: „Abschreiben dürfen die dennoch nicht.“

Leyen weist die Vorwürfe zurück

Leyen hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Allerdings könnte sich das Ausmaß der beanstandeten Stellen noch vergrößern. "VroniplagWiki" stuft 20 weitere Stellen als „verdächtig“ ein, hat sie bisher aber nicht abschließend bewertet (hier geht es zur gesamten Dokumentation).

Süffisant merken die Aktivisten zudem an, dass ein Flüchtigkeitsfehler offenbar schon im Titel von Leyens Arbeit auftaucht. „C-reaktives Protein als diagnostischer Parameter zur Erfassung eines Amnioninfektionssysndroms bei vorzeitigem Blasensprung und therapeutischem Entspannungsbad in der Geburtsvorbereitung“ lautete der Titel laut "VroniplagWiki" auf dem Deckblatt der Arbeit. Dass in „Amnioninfektionssysndroms“ ein „s“ zu viel ist, fiel offenbar zu spät für die Drucklegung auf.

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