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Gläsern. Eine Erbgutanalyse ermöglicht es, gesunde Embryonen auszusuchen.

© dpa

Präimplantationsdiagnostik: Britische Forscher analysieren Erbgut von befruchteten Eizellen

Einzelne Zellen, fünf Tage nach der künstlichen Befruchtung entnommen - mehr brauchen Forschern der Uni Oxford nicht, um das gesamte Erbgut eines Embryos zu durchleuchten. Das Screening soll die Chance der Frauen erhöhen, wirklich schwanger zu werden. In Deutschland wäre es undenkbar.

Connor Levy wurde am 18. Mai geboren, als Sohn eines Paares aus Philadelphia. Seine Eltern hatten vergeblich versucht, ein Kind zu zeugen und griffen auf die künstliche Befruchtung zurück. So weit, so alltäglich.

Doch das Baby ist das erste, dessen Erbgut bereits fünf Tage nach der Befruchtung der Eizelle auf Unregelmäßigkeiten im gesamten Chromosomensatz durchsucht wurde. Dazu schickten die Ärzte der amerikanischen Kinderwunschklinik einzelne Zellen von fünf Blastozysten ins Labor von Dagan Wells von der Universität Oxford. Dort wurde das komplette Erbgut der Embryonen analysiert. Nach etwa 16 Stunden stand fest, dass bei drei Embryonen alles in Ordnung war. Schließlich wurde einer in die Gebärmutter der 36-Jährigen eingesetzt. Mit Erfolg.

Die Technik namens Next Generation Sequencing, mit deren Hilfe man aus einzelnen Zellen das komplette Erbgut ermitteln kann, werde die Präimplantationsdiagnostik (PID) revolutionieren, verkündete Wells am Montag auf der Jahrestagung der Europäischen Gesellschaft für Human-Reproduktion und Embryologie in London. Sie verhindere Mehrlingsschwangerschaften und erhöhe die Erfolgschancen der künstlichen Befruchtung. Bisher liegt diese bei rund 30 Prozent.

Gleichzeitig kann man mit ihrer Hilfe theoretisch Erkrankungen erkennen, die durch einen einzelnen Gendefekt verursacht werden, sowie Leiden, die auf Störungen im mitochondrialen Erbgut zurückgehen. Beides haben die Forscher an Zelllinien und an 45 Embryos mit bekannten Chromosomenanomalien nachgewiesen. Vorerst geht es ihnen darum, in einer Studie zu beweisen, dass die Technik nicht nur einzelnen Frauen helfen kann, sondern wirklich die Chance auf eine Schwangerschaft erhöht. Die nächste Geburt, dieses Mal ist die Mutter 39 Jahre alt, steht kurz bevor.

In Deutschland ist ein solches Screening auf Verdacht verboten. Zwar wird demnächst eine PID möglich sein. Doch das gilt ausschließlich für Paare, in deren Familien eine schwere Erbkrankheit vorkommt. Außerdem darf nur nach dieser einen Erbkrankheit gesucht werden.

„Ich glaube nicht, dass ein Screening die Erfolgsraten der künstlichen Befruchtung verbessert“, sagt Klaus Diedrich, Vorsitzender der PID-Kommission bei der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Seit zehn Jahren werden im Ausland bei der PID fünf oder sechs Chromosomenpaare untersucht, die am häufigsten für schwere Erkrankungen zuständig sind. Auch das war mit dem Versprechen verbunden, die Frauen würden einfacher schwanger, wenn ein gesunder Embryo ausgewählt und eingesetzt wird. „Das haben große Studien nicht bestätigt“, sagt Diedrich.

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