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Pressekonferenz im Video: Ein Foto, das eigentlich unmöglich ist

Ein Schwarzes Loch kann nicht abgebildet werden, theoretisch aber eine Zone drumherum. Die Pressekonferenz im Livestream.

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Aktuell laufen sechs Pressekonferenzen von Astronomen gleichzeitig. Zu sehen gab es spektakuläres: die ersten echten Aufnahmen vom Rande eines schwarzen Loches.

Fotografieren geht nicht

Naturgemäß kann ein Schwarzes Loch nicht fotografiert werden. Aufgrund der enormen Gravitation kommt keine Strahlung heraus, die von noch so empfindlichen Messgeräten registriert werden könnte. Aber der Rand des Schwarzen Lochs, eine Zone nahe dem Ereignishorizont, kann theoretisch abgebildet werden. Er markiert die Grenze zwischen dem Kosmos, mit seinen physikalischen Gesetzen wie wir sie kennen, und dem Loch selbst, wo die Physik verrückt spielt.

Auf unserer Seite des Ereignishorizonts rotiert Materie nahezu mit Lichtgeschwindigkeit um das Loch herum, heizt sich auf Millionen Grad Celsius auf und sendet Strahlung ins All, die auch von der Erde sowie von Weltraumteleskopen aus erfasst werden kann.

Kleiner Ereignishorizont

Je näher Astronomen an den Ereignishorizont selbst blicken wollen, desto schwieriger wird es. Der Grund: Er ist sehr klein. Bei einem stellaren Schwarzen Loch, also einem, das rund zehnmal soviel Masse hat wie unsere Sonne, hätte der Ereignishorizont einen Durchmesser von rund 60 Kilometern. Keine Chance, das mit einem Teleskop zu sehen, wenn das Schwarze Loch ein bisschen weiter weg ist.

Bei einem echten Schwergewicht wie dem supermassiven Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße, das gut vier Millionen Sonnenmassen hat, ist der Ereignishorizont zwar um einiges größer - aber immer noch kleiner als die Bahn des Planeten Merkur um die Sonne, die einen Radius von rund 60 Millionen Kilometern hat.

Weil jenes supermassive Schwarze Loch rund 26.000 Lichtjahre entfernt ist, erscheint der Ereignishorizont von der Erde aus gesehen winzig. Etwa wie ein Senfkorn auf dem New Yorker Times Square, das man von Berlin aus auszumachen versucht. Selbst mit dem besten Teleskop ist das nicht zu schaffen.

Zeitunterschiede

Es sei denn, man schaltet mehrere Radioteleskope zusammen. Dann könnte es gelingen, den Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs sichtbar zu machen – diese Idee formulierten im Jahr 2000 die Astrophysiker Fulvio Melia, Eric Ago und Heino Falcke, der damals am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn (MPIfR) forschte und mittlerweile Professor an der Radboud-Universität Nijmegen ist.

Die Methode nennt sich VLBI (Very Long Baseline Interferometry) und ist selbst schon etwas älter. Sie basiert darauf, dass Radiowellen aus einer weit entfernten Quelle – das kann ein Pulsar sein oder eben das Umfeld eines Schwarzen Lochs – einzelne Radioteleskope auf der Erde zu unterschiedlichen Zeiten erreichen. Je nachdem, welches näher dran ist.

Anhand des Zeitunterschieds kann einerseits die Entfernungen zwischen den Teleskopen sehr genau bestimmt werden. Man kann andererseits aber auch die gemessenen Signale von verschiedenen Teleskopen hernehmen und im Computer zusammenführen und auswerten. Auf diese Weise entsteht ein virtueller Verbund mehrerer Radioteleskope.

Je weiter diese voneinander entfernt sind, desto besser ist die räumliche Auflösung. Hat man ausreichend sensible Radioteleskope und stehen diese nur weit genug auseinander, so die Idee der Forscher, ließe sich der Ereignishorizont eines fernen Schwarzen Lochs ausmachen. Es brauchte etliche Jahre, um die nötigen Teleskope für den Verbund „Event Horizon Telescope“ zu gewinnen beziehungsweise sie technisch entsprechend auszurüsten.

Im April 2017 haben die Astrophysiker acht Teleskope – auf Hawaii, in Chile, Mexiko, Spanien, den USA und am Südpol - sechs Tage lang auf verschiedene Ziele ausgerichtet und die empfangenen Radiowellen aufgezeichnet. Die räumliche Auflösung des virtuellen Radioteleskops ist dabei rund tausendmal besser als die des Hubble-Weltraumteleskops.

Gutes Bild, schlechtes Bild, oder kein Bild?

Besonders intensiv beobachtet wurde das mutmaßliche Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße, auch als Sagittarius A bezeichnet, sowie das der Riesengalaxie M87. Die aufgezeichneten Signale wurden an Superrechnern am MPIfR in Bonn sowie am Haystack Observatory in Haystack, Massachusetts (USA) ausgewertet. Die Ergebnisse sollen jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Irgendetwas Spannendes wird mit Sicherheit dabei sein, sonst hätte das Konsortium nicht sechs parallele Pressekonferenzen von Santiago de Chile bis Tokio sowie diverse Livestreams angesetzt. Mit großer Spannung wird erwartet, ob es ein passables Bild eines Schwarzen Lochs gibt.

Und vor allem, ob dieses anders aussieht als theoretische Vorhersagen. Denn das könnte ein Hinweis darauf sein, dass Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie in der Gegend extremer Physik, die der Ereignishorizont nun einmal ist, schwächelt. Wäre dies der Fall, könnte hier der Schlüssel sein, um die Relativitätstheorie – zuständig für den Makrokosmos – mit der Quantentheorie – zuständig für den Mikrokosmos – zusammenzubringen.

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