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Privathochschulen: Kaderschmieden der Geldelite

An gewinnorientierte Privathochschulen sollte kein Steuergeld fließen. Ein Kommentar.

Wie zuverlässig arbeiten private Hochschulen in Deutschland? Gerade machte die Berliner „Educon-Hochschule“ Schlagzeilen: Ihr wurde nur wenige Monate nach der Eröffnung wegen vieler Mängel die staatliche Anerkennung wieder aberkannt. Ein Beispiel, das sicherlich extrem ist.

Dass die Privaten trotz anderslautenden Rufs nicht so elitär sind, wie sie sich gerne geben, zeigte unlängst eine Studie des Stifterverbands und der Unternehmensberatung McKinsey. In der Studie wird gleichwohl deutlich, dass die Privaten gute Arbeit leisten und wichtige Aufgaben schultern, die öffentliche Hochschulen nicht wahrnehmen. Berufspraktische, flexible Studienangebote fehlen dort. Es gibt aber zehntausende Studenten, die sich dafür interessieren. Die Politik ist gut beraten, anzuerkennen, dass die durch Exzellenzinitiative und Deregulierung entstandenen größeren Gestaltungsräume der öffentlichen Hochschulen den Druck auf private Wettbewerber verstärken. Damit sie als Innovatoren erhalten bleiben, brauchen sie weiterhin Unterstützung.

Allerdings drücken sich die Autoren, wenn es um praktikable Empfehlungen für die Privathochschulen geht. So stellen die Verfasser zwar den Entwurf eines Gutscheinmodells vor, bei dem ein Teil der derzeit an die öffentlichen Hochschulen verteilten Steuergelder direkt an Studienberechtigte ausgegeben wird. Junge Menschen erhalten beispielsweise zum Abitur einen Gutschein, den sie bei der Immatrikulation an ihrer Uni abgeben. Die Hochschule wiederum kann diese Gutscheine gegen Geld eintauschen. Sie ist also daran interessiert, viele Studenten zu gewinnen, und kann das eingenommene Geld in die Lehre stecken.

Dies fördert ohne Zweifel den Wettbewerb um Studierende, kann jedoch zu einer steuerlichen Subventionierung gewinnorientierter Privatunis führen, wenn diese ebenfalls Gutscheine annehmen dürfen. Dass seit Monaten in den USA eine Diskussion über die Verschwendung von Steuergeldern für genau solche Gutscheinmodelle diskutiert wird, findet keine Erwähnung. Hilfreich wäre hier eine Unterscheidung in öffentliche, privat-gemeinwohlorientierte und privat-profitorientierte Hochschulen. Die privat-gemeinwohlorientierten Institutionen, wie Witten/Herdecke, würden das Gutscheingeld zur Verbesserung der Innovationsfunktion einsetzen. Anders sieht es bei privat-profitorientierten Hochschulen aus. Diese Institutionen dürfen und sollen Gewinne machen und würden daher vermutlich einen Teil des Gutscheingeldes als Gewinn abschöpfen. Das ist aus der Sicht des Steuerzahlers nicht wünschenswert. Wie das Educon-Beispiel zeigt, muss die Politik ganz genau schauen, welche privaten Anbieter die Qualitätsstandards erfüllen.

Einigen privaten Hochschulen, etwa der Bucerius Law School oder der Jacobs Universität, wird empfohlen, mehr Absolventen von privaten Gymnasien zu rekrutieren. Diese seien es ja gewohnt, für gute Bildung zu zahlen. So wird Papas Portemonnaie wieder zum Türöffner. Den Hochschulen, die oft stolz darauf sind, einen nicht kleinen Anteil an Bafög-Empfängern zu ihren Studierenden zu zählen, gefällt es sicher nicht, noch stärker als Kaderschmieden der Geldelite gesehen zu werden. Kleineren, berufspraktischen Privathochschulen wird nahegelegt, Professoren über Zeitverträge anzustellen. Euphemistisch wird so der Abschied vom festangestellten Dozenten verbrämt.

Eine Weiterentwicklung der Ansätze könnte wirkungsvolle Handlungsvorschläge hervorbringen. Ein interessanter Effekt wäre, wenn Präsidenten öffentlicher Unis die Studie als Blaupause für ihren Profilierungsprozess nutzen. Das ist innovativer, als sich wie alle anderen über „Forschungsexzellenz“ zu definieren. Mehr Qualität in der Lehre, die Entdeckung neuer Studierendengruppen und der Weiterbildung – dies sind vielversprechende Punkte für ein Hochschulprofil.

Der Autor ist Fellow der „Stiftung Neue Verantwortung“ in Berlin und leitet ein Projekt zur Zukunft der Hochschulen.

Sebastian Litta

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