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Unterwegs. Studierende auf dem Campus der Berliner Beuth-Hochschule, die bei Promotionen mit der TU Berlin kooperiert.

© Promo/Beuth Hochschule

Promovieren an der Fachhochschule: Sehnsucht nach dem Doktor (FH)

Der neue Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Horst Hippler, will Fachhochschulen in Universitäten umwandeln, damit sie promovieren können. FH-Rektoren sehen darin eine Finte. In Zeiten knapper Kassen sei eine Umwandlungswelle sehr unwahrscheinlich.

Sie müssen leider draußen bleiben. So empfinden es die Fachhochschulen, wenn es um das Promotionsrecht geht. Daran ändert auch die Aussage des neuen Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Horst Hippler, nichts, manche Fachhochschulen sollten in Universitäten umgewandelt werden, damit sie promovieren können. Nach seiner Wahl Ende April in Hamburg hatte Hippler erklärt: „Wir würden etwas falsch machen, wenn wir unseren Fachhochschulen das Promotionsrecht geben würden, weil gar nicht alle in der Lage sind, das durchzuführen.“ Besonders leistungsstarke Fachhochschulen könnten aber evaluiert und nach dieser Prüfung in Unis umgewandelt werden, ergänzte Hippler. Doch dann müssten sie auch entsprechend finanziell ausgestattet werden.

Hipplers Vorschlag sei „ein Versuch, das primäre Promotionsrecht der Universitäten zu retten“, sagt Micha Teuscher, Rektor der Hochschule Neubrandenburg und Sprecher der Gruppe der Fachhochschulen in der HRK. Forschungs- und leistungsstarken FHs stehe das Promotionsrecht aber auch ohne Universitätsrang zu. Dass sie anwendungsbezogen forschen, könne kein Hinderungsgrund sein, denn das täten auch die Technischen Universitäten. Auch den Verweis auf eine eingeschränkte Fächervielfalt gegenüber Volluniversitäten lässt Teuscher nicht gelten: Dann dürften private Unis, die nur Wirtschaft oder Recht anbieten, erst recht nicht promovieren. Teuscher erinnert auch an die Plagiatsskandale, die die Universitäten weiter erschüttern. „Es ist also nicht per se die Institution Universität, die es besser kann.“ Es komme auf die Qualität der Betreuung und des Forschungsumfeldes an – beides könne auch an ausgewählten FHs gewährleistet sein.

Auch Michael Stawicki, Präsident der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) lehnt Hipplers Vorschlag als „völlig unangebracht“ ab. „Wir wollen unser anwendungsorientiertes Profil beibehalten und nicht zu Universitäten werden.“ HRK-Chef Hippler glaubt indes, man würde sich mit einem Promotionsrecht für die Fachhochschulen „international lächerlich machen“, wie er kürzlich der „Welt“ sagte. Auch in den USA habe nur ein kleiner Teil aller Unis und Colleges das Promotionsrecht.

Eine Umwandlungswelle erlebte allerdings Großbritannien. 1992 trat ein Gesetz in Kraft, nach dem Polytechnische Hochschulen zu Universitäten werden konnten. Die Zahl der Unis stieg in kurzer Zeit von 46 auf 84. In einer zweiten Welle ab dem Jahr 2001 entstanden 31 weitere „New Universities“. Ein Modell auch für Deutschland? Die FH-Rektoren Teuscher und Stawicki winken ab. Hierzulande wäre die Umwandlung auch nur einer Handvoll von Fachhochschulen wegen der knappen Länderhaushalte nahezu ausgeschlossen. Und das sei Hippler zweifellos bewusst.

In einer Empfehlung zur Qualitätssicherung in Promotionsverfahren hat die HRK in diesem April noch einmal das Vorrecht der Unis bekräftigt. Die Ambitionen der Fachhochschulen werden lediglich mit einem Satz gewürdigt: Dass die Unis allein die Promotionen verantworten, „schließt kooperative Promotionsverfahren mit Fachhochschulen ein“, heißt es. Das bezieht sich auf eine Praxis, nach der FH-Absolventen, deren Abschluss von einer Uni anerkannt wird, gemeinsam von FH und Uni promoviert werden. Betreuer sind Professoren beider Einrichtungen, doch das Promotionsrecht bleibt bei der Uni. In der Vergangenheit hatten Fachhochschulen beklagt, dass benachbarte Universitäten nur zögerlich kooperierten – und taten sich lieber mit Unis im Ausland zusammen, um Absolventen zum Doktortitel zu führen. Ein Beispiel: Die FH Rhein-Waal schloss jetzt einen Vertrag mit der Universität der Philippinen und plant eine Zusammenarbeit mit dem Indian Institute of Technology in Kharagpur.

Mit den bundesweit sieben kooperativen Promotionskollegs, die das Bundesforschungsministerium (BMBF) seit einem Jahr fördert, sollte sich das Promotions-Verhältnis zwischen FHs und Unis deutlich verbessern. Doch die geförderten Projekte sind jeweils auf ein Spezialthema beschränkt. Das Programm sei weit hinter den Wünschen der Fachhochschulen zurückgeblieben, sagt Micha Teuscher. Geplant gewesen sei eine eigene Förderlinie bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Gleichwohl seien die kooperativen Kollegs ein wichtiger Schritt zur Gleichberechtigung der Fachhochschulen, häufig seien etwa die FH-Professoren Erstbetreuer, was noch vor wenigen Jahren kaum möglich war.

Eine Vereinbarung über kooperative Promotionen sei nur der erste Schritt auf einem weiterhin schwierigen Weg, sagt Michael Kramp, Vizepräsident für Studium und Lehre an der Beuth-Hochschule. Die Berliner Ingenieurhochschule hat vor einem knappen Jahr eine solche Vereinbarung mit der TU geschlossen, jeweils knapp 20 Professoren auf beiden Seiten haben ihr Interesse an gemeinsamen Promotionen bekundet. Doch über die Anerkennung der Leistungen von Beuth-Masterabsolventen müsse weiter in jedem Einzelfall verhandelt werden, sagt Kramp. Häufig müssten die Promotionskandidaten ein Semester aus dem entsprechenden Masterstudium an der TU nachholen – obwohl die Gleichwertigkeit der Abschlüsse formal gegeben sei. „Wir möchten mit der Qualität, die da ist, wahrgenommen werden“, fordert Kramp. „Doch im Ganzen fehlt noch der Geist der Gleichberechtigung.“ Das hatte 2010 auch der Wissenschaftsrat angemahnt: Anlässlich einer Empfehlung zur Rolle der Fachhochschulen betonte der damalige Vorsitzende Peter Strohschneider, mit dem exklusiven Promotionsrecht der Unis gehe eine Kooperationspflicht einher. In Nordrhein-Westfalen hat die rot-grüne Landesregierung Anfang des Jahres dies mit einer Novelle des Hochschulgesetzes vorgeschrieben.

Die HAW Hamburg wirbt jetzt mit einer Veranstaltungsreihe für die Möglichkeit, an der FH zu promovieren. Die Hochschule kooperiert seit einiger Zeit mit der University of the West of Scotland, die aus fusionierten ehemaligen Polytechnics besteht, und neuerdings auch in einer gemeinsamen Graduiertenschule zur Energieforschung mit der Universität Hamburg. „Die Möglichkeit zu promovieren, hilft uns auch, Masterstudenten zu rekrutieren“, sagt Stawicki.

Dem Promotionsrecht „für einzelne Exzellenzbereiche“ war Stawicki schon einmal nahe, die schwarz-grüne Landesregierung schrieb es 2008 als Pilotversuch in den Koalitionsvertrag. Doch die Sache verlief im Sande, an Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) will Stawicki erst noch herantreten. Auch Micha Teuscher kündigt eine Initiative an: Das Promotionsrecht könnte Forschungsinstituten an oder in den Fachhochschulen verliehen werden, wie dem Berliner Institut für angewandte Forschung.

Anmerkung der Redaktion: Die Passage zur Novelle des nordrhein-westfälischen Hochschulgesetzes wurde am 11.05. geändert; die zunächst nur angekündigte Novelle ist bereits zum 31.1.2012 erfolgt.

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