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Geldspritze. Forschungministerin Annette Schavan und Gesundheitsminister Philipp Rösler stellten an der Charité das neue Rahmenforschungsprogramm Gesundheitsforschung vor.Foto: dpa

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Rahmenprogramm: Erforschen, woran das Volk krankt

Ein Rahmenprogramm soll Wissenschaftler zusammenbringen und Patienten schneller mit neuen Therapien versorgen.

Der Ort war mit Bedacht gewählt. Um ihren Plan vorzulegen, wie Patienten schneller von neuen Therapien profitieren könnten, kamen Forschungsministerin Annette Schavan und Gesundheitsminister Philipp Rösler an die Charité. Hier, wo Patientenversorgung und Forschung unter einem Dach vereint sind, stellten die beiden Minister gemeinsam das vom Kabinett verabschiedete Rahmenprogramm Gesundheitsforschung vor.

Das Programm gibt vor, wie Schavans Ministerium die Gesundheitsforschung an Universitäten und Kliniken in den nächsten acht Jahren fördert. Wichtigste Neuerung: Die Erforschung von Volkskrankheiten, ob Diabetes oder Demenz, Krebs oder Schlaganfall, soll stärker gebündelt werden. Dafür setzt das Forschungsministerium auf die Bildung Deutscher Zentren der Gesundheitsforschung. Die sollen jeweils aus mehreren Partnerstandorten bestehen, Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen, die eng miteinander kooperieren.

Ein Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen mit einem Kernzentrum in Bonn und ein Zentrum für Diabetesforschung mit Partnern in München, Düsseldorf, Potsdam, Tübingen und Dresden sind bereits gegründet worden. Dieses Jahr sollen Zentren für Infektionsforschung, translationale Krebsforschung, Lungenforschung und Herz-Kreislauferkrankungen folgen. Die Standorte für diese vier Zentren stehen noch nicht fest. Für das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung haben sich neben anderen Universitäten auch die Berliner Einrichtungen Charité, Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin, Deutsches Herzzentrum, Robert-Koch-Institut und das Deutsche Institut für Ernährungsforschung in Potsdam gemeinsam beworben. Und auch am Deutschen Konsortium für translationale Krebsforschung wird die Charité voraussichtlich beteiligt sein. „Im Juli können wir Ihnen dann die Deutschlandkarte mit den sechs Zentren vorlegen“, sagte Schavan.

Den Großteil der Finanzierung übernimmt mit 90 Prozent der Bund. 500 Millionen Euro sind dafür in den nächsten vier Jahren vorgesehen. „Diese sechs deutschen Zentren sind das Herzstück des Rahmenprogramms“ sagte Schavan. Sie ermöglichten es, bei der Erforschung der wichtigsten Volkskrankheiten neue Wege zu gehen und würden auch international stark beachtet werden. Kritik, das Geld für die Zentren könne zur Vernachlässigung anderer Forschung führen, wies Schavan zurück. „Das geht nicht auf Kosten bisheriger Investitionen“ sagte sie. Insgesamt 5,5 Milliarden Euro sollen in den nächsten vier Jahren in die Gesundheitsforschung fließen. Wie viel davon wirklich neues Geld ist, konnte Schavan allerdings nicht beantworten. „Aber gehen Sie mal davon aus, dass es eine Steigerung ist, wie sie noch nie dagewesen ist.“

Mit den Zentren verbindet die Politik vor allem die Hoffnung, neue Therapien schneller in der Regelversorgung zu etablieren. Darum spiele auch die Versorgungsforschung im Rahmenprogramm eine große Rolle, sagte Gesundheitsminister Rösler. Es gehe darum, „wie neue Behandlungen möglichst schnell zu den Menschen kommen können“, sagte er, und bedankte sich gleich artig bei seiner Kabinettskollegin „für das viele Geld“.

Bisher dauere es zehn bis 30 Jahre bis eine medizinische Entdeckung beim Patienten ankomme, schätzte Ulrich Dirnagl, der an der Charité Schlaganfälle erforscht. Eine stärkere Vernetzung von Forschern könne das beschleunigen. „Es ist schon ein Vorteil, wenn man nicht nur ein Organ betrachtet“, sagte Dirnagl. So sei eine der wichtigsten Todesursachen nach Schlaganfällen eine Lungenentzündung. „Wo Grundlagenforschung und Klinik eng verzahnt sind, kann man solche Probleme angehen und darum dürfen wir in Zukunft viel von diesen Zentren erwarten.“ Und Karl Max Einhäupl, Vorstandsvorsitzender der Charité, betonte, nicht nur Forscher, auch Politiker müssten kooperieren. Deshalb sei es schön, die beiden Minister an einem Tisch zu sehen. Auch das sollte, wie der Ort, natürlich Symbolkraft haben. Kai Kupferschmidt

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