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Mondlandung

© Nasa

Raumfahrt: Zurück zum Mond

Die Nasa wird 50 - derzeit fehlt der US-Raumfahrtagentur ein vernünftiger Weltraumtransporter. Der Spaceshuttle ist veraltet. Deswegen lässt die Nasa ihre Astronauten bald vom einstigen Erzrivalen transportieren.

Der erste Mensch auf dem Mond, die erste Mars-Sonde, das erste Weltraumteleskop – die Bilanz der US-Raumfahrtagentur Nasa ist beeindruckend. Am 1. Oktober 1958 nahm die Behörde mit dem Namen „National Aeronautics and Space Administration“ offiziell ihre Arbeit auf. Doch die Nasa, mithin die Amerikaner, waren nicht immer die Ersten beim Wettstreit um kosmische Sensationen. Letztlich geht die Gründung der Agentur sogar auf eine prominente Deplatzierung zurück. Am 4. Oktober 1957 schossen die Sowjets mit dem „Sputnik“ den ersten künstlichen Satelliten ins All. Den Amerikanern gelang das erst vier Monate später. Dass ihre Rakete überhaupt die Erdanziehungskraft überwand, verdankten sie maßgeblich den deutschen Ingenieuren um Wernher von Braun: Wie die Russen hatten auch die Amerikaner nach Kriegsende zahlreiche Spezialisten für Raketentechnik in Deutschland mehr oder weniger höflich zur Ausreise animiert.

Der Sputnik-Schock saß tief und veranlasste den damaligen Präsidenten Dwight D. Eisenhower, die Raumfahrtforschungen mehrerer Militärabteilungen zu bündeln und im Juli 1958 die Nasa zu gründen. Doch so schnell konnten die Amerikaner nicht aufholen. Auch der erste Raumfahrer kam aus dem Riesenland im Osten: Juri Gagarin kreiste am 12. April 1961 um die Erde. Der Amerikaner Alan Shepard hob dreieinhalb Wochen später ab und machte lediglich einen 187 Kilometer hohen Hüpfer ins All, bevor er mit seiner Kapsel im Atlantik landete.

Der Wettlauf ins All war längst zur Chefsache geworden. Im Mai 1961 erklärte Präsident John F. Kennedy, bis zum Ende des Jahrzehnts Menschen zum Mond bringen zu wollen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde das Budget der Nasa spürbar erhöht. 5,9 Milliarden Dollar waren es etwa 1966 – mehr als fünf Prozent des gesamten Staatshaushaltes. Zum Vergleich: 2008 bekommt die Nasa zwar 17,3 Milliarden Dollar, doch das ist nur etwa ein halbes Prozent der Staatsgelder. Der Aufwand lohnte sich. Im Juli 1969 landeten die ersten Amerikaner auf dem Erdtrabanten. Den Russen ist das bis heute nicht gelungen.

Auch bei der Erkundung anderer Planeten erzielten die Nasa-Forscher seit den 70er Jahren wichtige Erfolge. Während die Sonde „Mariner 10“ erstmals die Oberfläche des Merkur kartierte, schickten die „Pioneer“- und „Voyager“-Sonden tausende Fotos von den äußeren Planeten unseres Sonnensystems wie Jupiter und Saturn. Die Raumstation „Skylab“ (1973 bis 1979) hatte gegenüber dem russischen Modell „Saljut“ zwar zwei Jahre Verspätung, doch sie blieb zehnmal so lang am Himmel und ermöglichte zahlreiche Experimente in der Schwerelosigkeit.

Mit dem Start des Spaceshuttles „Columbia“ im April 1981 begann eine neue Ära in der Raumfahrt. Die Flieger bieten bis zu sieben Personen Platz und können je nach Flugroute bis zu 24 Tonnen Fracht ins All bringen. Erst mit den Raumfähren war es möglich, derart große Projekte wie die Internationale Raumstation ISS zu wagen. 400 Tonnen soll die Station im Endausbau wiegen; vor allem sperrige Module wie das europäische Raumlabor „Columbus“ wären ohne die Flieger nie in den Orbit gelangt.

Doch jeder Erfolg birgt auch tragische Momente. Zwei Shuttles verunglückten und mit ihnen 14 Besatzungsmitglieder. 1986 explodierte die „Challenger“ kurz nach dem Start, 2003 zerbrach die „Columbia“, das erste Nasa-Shuttle, nach dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre. Zwar werden Teile der Raumgleiter ständig verbessert, wie etwa der Hitzeschutzschild. Aber im Wesentlichen stammt die Technik der verbliebenen drei Fähren aus den 70er Jahren. „Der Spaceshuttle ist nicht wirklich ein sicheres Fahrzeug, es ist ein Experimentierfahrzeug“, gestand Wayne Hale, Manager des Shuttle-Programms, im vergangenen Jahr.

Bereits seit 2004 ist klar, dass die Tage der Flieger gezählt sind. Im Mai 2010 soll zum letzten Mal ein Shuttle starten. Das eingesparte Geld – knapp eine halbe Milliarde Dollar pro Flug – ist für die Entwicklung des „Orion“-Raumschiffes und der „Ares“-Rakete vorgesehen, mit denen die Nasa zurück zum Mond will. Dementsprechend knapp ist der Zeitplan für die Shuttles: Noch zehn Mal sollen die betagten Raumfähren binnen knapp zwei Jahren auf Reisen gehen. Verglichen mit dem bisherigen Flugplan der Nasa ein sehr ambitioniertes Vorhaben. Sollten aufgrund von technischen Problemen – die in der Raumfahrt zur Tagesordnung gehören – einzelne Shuttleflüge abgesagt werden, könnten Ausbau und Betrieb der ISS ernsthaft gefährdet sein, sagen Nasa-Experten wie auch Fachleute europäischer Raumfahrtagenturen.

Vielleicht gibt es eine Gnadenfrist für die Shuttles. Wie unlängst bekannt wurde, prüft die Nasa, ob es möglich ist, die Raumgleiter über das vereinbarte Ende des Programms hinaus starten zu lassen. Auch die beiden US-Präsidentschaftskandidaten Barack Obama und John McCain wollen sich für die Flieger einsetzen – und damit für die stimmberechtigten Mitarbeiter der Raumfahrtbehörde und in der Zulieferindustrie.

Selbst eine Verlängerung des Shuttleprogramms um ein oder zwei Jahre löst nicht das Problem: Das Orion-Raumschiff wird vermutlich erst 2015 startklar sein; bis dahin haben die Amerikaner kein eigenes Fluggerät für Weltraummissionen. Versorgungsflüge zur ISS sind dann nur noch mit den russischen Sojus-Kapseln möglich. „Ich halte das für gefährlich“, sagte der Nasa-Chef Michael Griffin vor wenigen Tagen. „Nicht auszudenken, was passiert, wenn irgendetwas mit der Sojus schiefgeht.“

Mit dem Transportsystem, an dem die Ingenieure derzeit tüfteln, soll alles besser werden. Das Design der Ares-Rakete, die von 2015 an Astronauten samt Orion-Kapsel ins All befördern soll, wurde Mitte September von der Nasa genehmigt. „Das ist wirklich ein großer Schritt auf unserer Reise zum Start“, sagte Ares-Projektleiter Steve Cook. Allerdings seien einige Probleme noch nicht gelöst, darunter die Frage, ob die Rakete bei Gewitter starten kann.

Was das Ares-Orion-Gespann leisten soll, ist längst beschlossen: Bis 2020 will die Nasa wieder Astronauten zum Mond bringen – noch vor den Russen und den neuen Konkurrenten aus China. Bis zum Ende des dritten Jahrzehnts soll eine feste Station auf dem Erdtrabanten errichtet werden. Und in 30 Jahren schließlich sollen nach den Vorstellungen der Nasa-Strategen US-Astronauten ihre Stiefel auch auf den Marsboden setzen.

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