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Der Pisa-Schock löste eine Welle von Reformen aus. So wurden beispielsweise zentrale Prüfungen eingeführt.

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Reaktionen auf die Pisa-Studie: Schulleiter unter Druck

Nach der Pisa-Studie von 2000 gab es eine kurze Zeit der Schockstarre, dann brach Betriebsamkeit aus – auch in Berlin. Drei Schulleiter sprechen über ihre Erfahrungen mit den Reformen nach Pisa.

Von Fatina Keilani

Zwecks besserer Vergleichbarkeit der Schülerleistungen wurden die Vergleichsarbeiten, der Mittlere Schulabschluss, das Zentralabitur und die Schulinspektion eingeführt. Das Reformieren hat bis zum heutigen Tag nicht mehr aufgehört. Trotzdem zeigt die neue Pisa-Studie, die wieder die Lesefähigkeit zum Schwerpunkt gemacht hat, keine wirklich bahnbrechenden Verbesserungen, auch wenn deutsche Schüler in Mathematik und Naturwissenschaften mittlerweile deutlich über dem OECD-Schnitt liegen. Wir haben uns an einigen Berliner Schulen umgehört, die im Jahr 2000 an der Pisa-Studie teilgenommen haben.

Zum Beispiel das Albert-Einstein-Gymnasium in Britz. Die geringen Leistungssteigerungen seien kein Wunder, meint Schulleiter Holger Ambrosius. „Änderungen im Bildungssystem können nicht schnell passieren“, sagt er. Nach dem Pisa-Schock sei zu lange nichts passiert, und dann „zu viel, zu schnell und zu unkoordiniert“. Seine Schule ächzt etwa darunter, dass aufgrund der verkürzten Gymnasialzeit sich jetzt ein Doppeljahrgang von 330 Schülern drängt, der außerdem im kürzesten Halbjahr, das die Schule je hatte, fürs Abitur zu prüfen ist. Zugleich komme ein Riesenjahrgang Siebtklässler an die Oberschulen, die vor sechs Jahren ebenfalls im Zuge einer Reform früher eingeschult wurden. „Das hätte nicht unbedingt beides in einem Jahr sein müssen“, sagt Ambrosius. „Die Arbeitsbelastung der Lehrer ist massiv gestiegen, und die Klassen sind auch nicht kleiner geworden.“ Das sei ein weiterer Grund dafür, dass die Leistungssteigerung hierzulande nicht größer ausfalle.

Genau diese Rahmenbedingungen sind es, die aus Sicht von Rainer Ehrke dazu führen, dass man die Pisa-Ergebnisse vielleicht gar nicht so einfach mit denen anderer Länder vergleichen kann. Wer weiß schon, wie viel Personal woanders zur Verfügung steht? Ehrke, Konrektor an der Max-von-Laue-Schule in Lichterfelde, kann sich an die genauen Ergebnisse seiner Schule bei der Pisa-Studie 2000 nicht mehr erinnern. An sich gearbeitet hat die Schule aber auch ohne den Druck von außen: „Nach 2002 hat es pädagogische Verbesserungen gegeben, die wir selbst eingeführt haben. Zum Beispiel haben wir den Bereich Deutsch, Mathe, Englisch verstärkt. Dafür haben wir die Unterrichtsstunden um fünf auf vierzig Minuten verkürzt und die so gewonnene Zeit für zusätzlichen Unterricht in den genannten Fächern verwendet.“

Das Modell läuft seit 2003; seit der Umwandlung der Real- in eine Sekundarschule mit Ganztagsbetrieb wurde es an die neuen Bedingungen angepasst. „Wir wollten unsere Ergebnisse steigern“, sagt Ehrke. Die Leistungssteigerung zeige sich an der Abschlussquote der Schule. 96 bis 100 Prozent der Max-von-LaueSchüler haben den MSA bestanden, um die 45 Prozent jährlich können auf die gymnasiale Oberstufe wechseln.

Die Kritik des Kollegen Ambrosius, dass die Pisa-Ergebnisse nur sehr begrenzte Fähigkeiten beschreiben und etwa soziales, künstlerisches und musisches Können ausblenden, teilt Ehrke. „Die Schüler arbeiten zielstrebig auf ihre MSA-Prüfungen hin, anderes kann dann schon einmal zu kurz kommen.“

Manche Schulen bekamen durch Pisa auch einfach bescheinigt, dass sie alles richtig machen, etwa die Werner-Seelenbinder-Schule in Alt-Hohenschönhausen. Hier gehen Leistungssportler zur Schule. „Wir haben unsere Ergebnisse abgerufen und waren dann stolz darauf“, schildert Schulleiter Gerd Neumes. Die Schule selbst hat nichts geändert, begrüßt aber Neuerungen wie den mittleren Schulabschluss. „Wenn die Ergebnisse den Leistungen im Schuljahr entsprechen, dann heißt das, dass unsere Maßstäbe richtig waren“, sagt Neumes. Schlechtere MSA-Noten wären ein Indiz, dass in der Schule zu gut benotet werde. Allerdings sind Neumes’ Schüler auch eine besondere Klientel. „Ihr Leben ist strukturiert, sie trainieren viel, sind fleißig – wer so ist, der macht auch seine Hausaufgaben.“

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