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Anfänge. An der Uni Osnabrück werden islamische Seelsorger weitergebildet. Foto: dpa

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Religionen: Viele Unis wollen islamische Theologen ausbilden

Ende Januar gab der Wissenschaftsrat Empfehlungen, wie man islamische Religionslehrer ausbilden könnten. Inzwischen gibt es fast ein Dutzend Projekte. Der Bund möchte sie fördern.

Der Wissenschaftsrat hat Ende Januar Empfehlungen abgegeben, wie man die Theologien weiterentwickeln und vor allem wie man islamische Religionslehrer, Imame und Theologen an den deutschen Universitäten ausbilden könnte. Das Papier hat seitdem eine so große Dynamik entfacht, dass man im Wissenschaftsrat selbst überrascht ist. In zahlreichen Foren haben muslimische Verbände die Vorschläge diskutiert und die evangelische und die katholische Kirche Sorgen und Hoffnungen abgewogen. Der Wissenschaftsrat hatte von zwei bis drei Standorten für die Einrichtung von Islamischen Studien gesprochen, nun haben fast ein Dutzend Universitäten in Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen Konzepte entwickelt, darunter München, Heidelberg und Münster, Osnabrück und Frankfurt am Main.

Das Bundesforschungsministerium stellte nun sogar finanzielle Förderung in Aussicht. Der Bund werde die Länder beim Aufbau islamischer Studiengänge unterstützen zum Beispiel durch Gastprofessuren und Forschungsgelder für Nachwuchswissenschaftler, sagte Thomas Rachel, der Parlamentarische Staatssekretär im Bildungsministerium am Dienstag.

Mit der Konferenz „Vielfalt der Religionen – Theologie im Plural“ will der Wissenschaftsrat nun am heutigen Mittwoch und am Donnerstag in Berlin eine erste Bilanz ziehen und das Thema weiter vorantreiben. CDU-Politiker, darunter Bundesinnenminister Thomas de Maizière, hatten in den vergangenen Monaten betont, dass die Verankerung der islamischen Theologie an den deutschen Universitäten wichtig sei für die Integration der vier Millionen Muslime in Deutschland. Im Vorfeld der Tagung warnte allerdings der Frankfurter Theologe Ömer Özsoy, man solle einen solchen Studiengang nicht mit gesellschaftlichen Erwartungen überfrachten. „Die islamische Theologie soll die Integration fördern, die Muslime modernisieren und den Islam reformieren – das alles auf einmal kann keine Disziplin schaffen“, sagte Özsoy.

Die Universitäten als Einrichtungen des säkularen Staates können die Lehrinhalte der Theologien nicht selbst bestimmen und sind auf die Kooperation mit den Religionsgemeinschaften angewiesen. Das über Jahrzehnte gewachsene Staatskirchenrecht regelt die Zusammenarbeit mit den Kirchen. Für die islamische Theologie hat der Wissenschaftsrat die Einrichtung von Beiräten empfohlen, in denen muslimische Organisationen, Theologen und andere Einzelpersonen ein Mitspracherecht erhalten könnten.

In den Kirchen betrachtet man das Beiratsmodell mit Sorge. Es dürfe sich nur um ein Übergangsmodell handeln, betonte die katholische Bischofskonferenz. Ansonsten könnte die Politik irgendwann ein Beiratsmodell auch für die christliche Theologie fordern anstelle des Staatskirchenrechts, befürchtet auch der evangelische Fakultätentag. Das aber würde den Einfluss der Kirchen schmälern und könnte anderen, nicht in den Amtskirchen organisierten Gruppierungen wie fundamentalistischen Christen Mitspracherechte einräumen. Thomas Rachel, Staatssekretär im Bildungsministerium verteidigte das Beiratsmodell für die islamische Theologie. „Wir sollten nicht warten, bis sich vielleicht in 20 Jahren auch unter den islamischen Verbänden ähnliche Institutionen wie im christlichen Bereich gebildet haben. Deshalb müssen wir jetzt einen anderen Weg gehen.“

Der Wissenschaftsrat hatte in seinen Empfehlungen von den christlichen Fakultäten gefordert, sich intensiver an interdisziplinären Projekten zu beteiligen, um Religionslehrern ein breiteres Wissen zu vermitteln. Darauf wollen sich die Kirchen gerne einlassen. Das Gremium hatte aber auch die „dringende Bitte“ an die katholische Kirche gerichtet, sich aus den Habilitationsverfahren zurückzuziehen, da es nicht mehr zeitgemäß sei, dass die Kirche auch den Lebenswandel eines Kandidaten prüft und dann entscheidet, ob er Professor werden darf. Diese Bitte kann die Bischofskonferenz „aus sachlichen und rechtlichen Gründen nicht nachvollziehen“. Claudia Keller

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