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Ressortzuschnitt: Böse Briefe für Wowereit und Henkel

Die Koalition spaltet im Senat Wissenschaft und Forschung auf - jetzt fürchten Berliner Forscher um Erfolge in der Exzellenzinitiative. Mit Brandbriefen wehrt sich die Wissenschaft gegen den neuen Ressortzuschnitt.

Der Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Günter Stock, und der Vorstandsvorsitzende der Einstein-Stiftung, Martin Grötschel, haben am Dienstagabend einen Appell gegen die „Zerschlagung der Einheit von Wissenschaft und Forschung“ an die Koalitionäre gerichtet. Am Donnerstag folgte ein weiterer Brandbrief aller außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Forschungsförderer bundesweit, der Berliner Universitäten und der Charité.

Stock und Grötschel befürchten, die Aufteilung werde „zu einem Schaden für unsere Stadt führen, der schwer zu reparieren sein wird“, ist zu hören. Öffentlich machen wollen sie ihren Brief aber nicht. Im Schreiben der Wissenschaftsorganisationen wird die Trennung von Wissenschaft und Forschung als „wissenschaftlich inadäquat und wissenschaftsstrategisch unzeitgemäß“ bezeichnet. Der Brief, den der Stiftungsvorstand des Max-Delbrück-Centrums, Walter Rosenthal, im Namen Dutzender Mitstreiter an Klaus Wowereit und Frank Henkel richtet, liegt dem Tagesspiegel vor.

Wie berichtet, haben die Koalitionäre den Bereich Wissenschaft auf zwei Ressorts aufgeteilt. Die CDU bekommt ein Ressort für Wirtschaft, Technologie und Forschung. Mit Forschung sind dabei die außeruniversitären Institute gemeint. Die SPD sicherte sich das Bildungs- und Wissenschaftsressort, in dem die Hochschulen und die Charité untergebracht sind.

Stock und Grötschel beschwören insbesondere die Gefahr, die Aufteilung von Hochschulen und Instituten auf zwei verschiedene Verwaltungen könnte Berlin in der Exzellenzinitiative schaden. Diese wird im kommenden Sommer entschieden, die Wissenschaftler setzen derzeit zum Endspurt bei der Bewerbung an. Gutachter sind bereits dabei, die Vorhaben zu bewerten.

In dem Wettbewerb „sind klare Governancestrukturen, die Kooperationen ermöglichen und nicht erschweren, von besonderer Bedeutung“, meinen Stock und Grötschel. Wenn durch die Ressortaufteilung auch eine administrative Trennung von Wissenschaft und Forschung erfolge, „kann dies bei der Begutachtung äußerst belastende Diskussionen provozieren“. Experten und Entscheider in der Wissenschaft und der Politik, „die Berlin nicht so wohlgesonnen sind“, könnten „auf diese Schwäche nachdrücklich hinweisen“. „Das kann für uns nicht von Vorteil sein“, sagt auch TU-Präsident Jörg Steinbach.

In Berlin seien die Bemühungen, universitäre und außeruniversitäre Forschung enger zusammenzuführen, weit gediehen, heißt es bei Stock und Grötschel. Die Koalitionspartner sollten daher „andere Wege des Ausgleichs“ suchen. Einen Vorschlag machen die Briefschreiber nicht. Ziel müsse aber sein, Wissenschaft und Forschung in einem Ressort zu belassen. Dies wäre in Kombinationen wie der bisherigen mit Bildung, Wissenschaft und Forschung, wie früher mit Kultur und Wissenschaft oder wie andernorts mit Wirtschaft und Wissenschaft möglich.

Wissenschaftsorganisationen, Forschungsförderer und Universitäten warnen in ihrem Schreiben davor, die Verzahnung der Universitäten mit den außeruniversitären Instituten durch „mehr Bürokratie“ zu konterkarieren. Gemeinsame Berufungsverfahren und die Absprache von Kooperationen würden „durch die Abstimmung zwischen zwei Häusern mit verschiedener Parteizugehörigkeit erschwert“, heißt es. Die Unterzeichner sehen „eine reale Gefahr für die Entwicklung und Attraktivität des Forschungsstandorts Berlin“. Der Präsident der Leibniz-Gemeinschaft, Karl Ulrich Mayer, nennt es „wahnwitzig“, wie sehr das Alltagsgeschäft behindert werden würde.

Wie reagiert die Politik auf die andauernde Kritik? Der scheidende Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) scheint davon auszugehen, dass die Forderung, den Ressortzuschnitt noch einmal zu ändern, verhallen wird. „Die beiden Senatsverwaltungen müssen jetzt dafür sorgen, dass die Zusammenarbeit zwischen der außeruniversitären Forschung und der Forschung in den Hochschulen gewährleistet ist“, erklärte Zöllner auf Anfrage. Es komme nun auch darauf an, „die Chancen zu nutzen, die in der Nähe zur Wirtschaft liegen, um die größtmöglichen Innovationsimpulse zu generieren.“

Auch aus der CDU ist zu hören: „Die Sache ist gelaufen.“ Offiziell äußert sich der Generalsekretär der CDU, Bernd Krömer. Die beiden künftigen Senatorinnen oder Senatoren würden noch eine „Feinjustierung“ vornehmen. „Grundsätzlich ist das Zukunftsressort Wirtschaft, Technologie und Forschung aber eine vernünftige Entscheidung“, sagt Krömer. Er schließe aus, dass die Forschung ins Ressort Bildung und Wissenschaft zurückkomme.

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