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Wissen: Schleimige Meister der Tarnung Landschnecke baut sich Überzug aus Flechten

Tarnung hilft Tieren zu überleben. Wer nicht gefressen werden will, gaukelt dem Gegner vor, er sei ein anderer.

Tarnung hilft Tieren zu überleben. Wer nicht gefressen werden will, gaukelt dem Gegner vor, er sei ein anderer. Oder gar nicht da. Die Tiere haben verschiedene Strategien. Die Irreführung kann darauf abzielen, die Augen zu täuschen, das Gehör oder den Geruchssinn. Schnecken etwa tarnen gerne ihr Gehäuse mit einem Überzug aus Erde oder Flechten. Damit sind die Weichtiere nur schwer von der Umgebung zu unterscheiden, und Fressfeinde wie Igel, Frösche, Kröten, Eidechsen oder Vögel finden nur schwer die geliebte Schneckenkost.

Wie kommt nun der Überzug auf das Gehäuse? Bisher vermuteten die Experten meist, die Schnecke sabbere eine klebrige Masse auf das Gehäuse, so dass darauffallende Krümel von Erde, Rinde oder Flechten haften blieben.

Doch dieses Bild der passiven Tarnung stimmt nicht. Das hat jetzt der Biologe Christoph Allgaier (Universität Tübingen) herausgefunden. Wie der Schneckenexperte im Journal „Zoological Science“ (Band 24, S. 869) schreibt, schneidert sich die Landschnecke „Napaeus barquini“ ihr Tarnkostüm selbst. Die auf der kanarischen Insel La Gomera lebende Art weidet Flechten vom felsigen Untergrund ab und trägt sie mit dem Mund auf die Schale auf. Der Überzug ist keineswegs nur eine Art Bemalung, wie man sie etwa von grün-braun gefleckten Uniformen kennt. Die etwa einen Zentimeter große Schnecke formt das Material vielmehr während des Aufbringens zu langen Höckern, erklärt Allgaier.

Deren Länge könne bis zum Hundertfachen der eigentlichen Schalendicke betragen. Um auch an weit entfernten Stellen der Schale Flechte aufbringen zu können, muss sich die Schnecke sehr weit aus dem Gehäuse herausstrecken. Selbst junge Tiere seien dazu schon in der Lage. „In ein paar Stunden ist die Tarnung perfekt“, sagte Allgaier dem Tagesspiegel.

Der Biologe hat das für seine Doktorarbeit auf Video festgehalten. „Als ich den Film auf dem Weltkongress für Weichtierkunde im belgischen Antwerpen gezeigt habe, waren alle überrascht“, erzählt er. Solche konstruktiven Fähigkeiten hatte man den schleimigen Tieren nicht zugetraut. Bisher waren nur flache Überzüge auf den Schalen bekannt. Einmal getrocknet, bleibt der konturenreiche Überzug lange erhalten. „Die Schnecke knabbert höchstens mal dran, wenn sie nach dem Trockenschlaf nicht schnell genug in feuchte Umgebung gelangen kann“, erklärt Allgaier. Paul Janositz

Schnecken-Video im Internet http://home.arcor.de/christoph.allgaier/videofile.htm

Paul Janositz

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