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Kinder sitzen in einem Klassenraum vor Schulbüchern.

© picture alliance / dpa

Schulbücher und Migration: "Respektvolles Miteinander in der Schule klarer machen"

Eine Schulbuchstudie hat gezeigt: Migranten werden noch immer als "Fremde" dargestellt. Die Rolle der Schulbücher wurde jetzt in Berlin diskutiert - auch vor dem Hintergrund der Ereignisse in Köln.

Welche Rolle können Schulbücher dabei spielen, jungen Zuwanderern die Werte und Normen unserer Gesellschaft nahezubringen? "Wertvorstellungen und die Beachtung der Gesetze sowie die Ansprüche, die wir damit verbinden, spiegeln sich in den Bildungsmedien wieder", sagte Sylvia Löhrmann (Grüne), Schulministerin in Nordrhein-Westfalen, am Mittwoch in Berlin. Werte wie Toleranz und respektvolles Miteinander "gilt es in den Schulen sicher auch noch klarer zu machen".

Nach Köln: Geschlechterrollen müssen reflektiert werden

"Das ist zu lernen", betonte Löhrmann anlässlich einer Tagung zu einer Schulbuchstudie über die Darstellung von Migration und Integration, die im Bundeskanzleramt stattfand. Die Ereignisse der Silvesternacht in Köln und anderswo, als Frauen aus großen Gruppen zumeist zugewanderter Männer heraus massiv sexuell bedrängt wurden, dürfen jetzt aber nicht zu neuen Vorurteilen führen, warnte Löhrmann. Alle Jungen und Mädchen, egal welcher Herkunft, müssten sich in der Schule mit ihrem Rollenverständnis auseinandersetzen.

In Hinblick auf Köln müsse man in den Schulen "manches wiederholen und neu beginnen", sagte auch Aydan Özoğuz, Integrationsbeauftragte der Bundesregierung und Auftraggeberin der im März 2015 erschienenen Schulbuchstudie. Aber auch sie betonte, dass es bei der Reflexion von Geschlechterrollen keineswegs nur um Einwanderung gehe, sondern um die gesamte Gesellschaft.

"Vielfalt unseres Landes nicht als Normalität beschrieben"

Für die Studie hatten das Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung und das Zentrum für Bildungsintegration an der Universität Hildesheim 65 aktuell genutzte Schulbücher für die Fächer Sozialkunde, Geschichte und Geografie in den 9. Und 10. Klassen untersucht. Das Ergebnis alarmierte die Integrationsbeauftragte: In Schulbüchern werde „die Vielfalt unseres Landes nicht als Normalität beschrieben“, wie Özoğuz damals sagte. In den allermeisten Schulbüchern erscheine die Einwanderung zudem als defizitär und problematisch.

Flüchtlinge werden oft als "Illegale" bezeichnet

Dabei wird Deutschland durchaus als Einwanderungsland beschrieben, ergab die Studie. Doch die Darstellung werde der vielfältigen Realität der Einwanderungsgesellschaft nicht gerecht. Illustriert wird das Thema häufig mit übervollen Flüchtlingsbooten. Das ist der aktuellen Lage womöglich angemessen, doch Flüchtlinge würden oft als „Illegale“ bezeichnet – und mit anderen negativ besetzten Sprachbildern wie „Flüchtlingsströme“ oder gar „Asylantenschwemme“.

Identifikationsfiguren für Kinder und Jugendliche aus seit langem in Deutschland verwurzelten Familien kämen kaum einmal vor, heißt es in der Studie. Deutsche würden in aller Regel als Menschen ohne Migrationsgeschichte beschrieben. „Migranten“ wiederum kämen eher in der Opferrolle vor, erfolgreiche Migrationsgeschichten von mobilen und flexiblen Menschen, die sich hierzulande eine neue Existenz aufgebaut haben, würden nicht erzählt.

Fazit nach einem Jahr: Bücher werden besser

Ziel der Berliner Tagung war es nun, die vor einem Jahr angestoßene Diskussion aufzugreifen - und mit Verlagen, Bildungsverwaltungen und Migrantenvereinen über konkrete Verbesserungen zu sprechen. "Die Studie hat schon etwas bewegt", sagte Özoğuz am Mittwoch. Zum einen werde inzwischen mehr darauf geachtet, dass die guten Schulbücher, die es vielfach schon gibt, auch wirklich in den Klassenzimmern ankommen. Zum anderen seien die Schulbuchverlage bereit, ihre Bücher zu verbessern - und auch mehr Menschen mit Migrationsgeschichte in ihre Redaktionsteams zu holen. Löhrmann verwies auf eine gemeinsame Erklärung von Kultusministerkonferenz, Migrantenorganisationen und Verlagen vom Oktober 2015. Darin verpflichten sich etwa die Verlage, "die Vielfalt der heutigen Einwanderungsgesellschaft" und auch Vorbilder darzustellen, mit denen sich Heranwachsende positiv identifizieren können.

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