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Schule: Spinner, Manager, Schulleiter

Von der Wirtschaft lernen: Schulen sollen wie Unternehmen geführt werden.

Kann es das geben, darf es das geben: eine Schule, die von einer Apothekerin geleitet wird? In der Schweiz gibt es das. Die Apothekerin ist die Direktorin einer Kantonsschule – und in ihrem Amt sehr erfolgreich, versteht sie doch als Unternehmerin eine Menge von Führung, Betriebs- und Personalwirtschaft. Wenn es nach der Bundesarbeitsgemeinschaft „Schule- Wirtschaft“ ginge, wäre es auch in Deutschland bald nicht mehr ungewöhnlich, dass Schulen von sogenannten „Externen“ geleitet werden, die sich vor allen Dingen als Manager verstehen.

Die Begründung: Je selbstständiger Schulen werden, je mehr Funktionen von den übergeordneten Behörden auf die Schulen übergehen, desto mehr Managementkompetenzen brauchen auch Schulleiter. Traditionell verstehen Schulleiter sich eher als „Primus inter pares“, als Lehrer, die nebenbei auch die Schule leiten. Künftig sollen sie von Managern und Unternehmern lernen, meint die Bundesarbeitsgemeinschaft Schule-Wirtschaft, ein Netzwerk der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA), das seit Jahren Coachings und Seminare für Rektoren anbietet.

„Wir brauchen einen völlig neuen Typ von Schulleitern“, sagte Gerhard F. Braun, Vizepräsident der BDA, bei der Tagung „Selbstständige Schule braucht Führung!“ der Bundesarbeitsgemeinschaft Schule-Wirtschaft in Berlin. Eine „Kulturrevolution“ sei nötig: „Weg vom Obrigkeitsdenken!“ Denn die Leiter von selbstständigen Schulen hätten ja auch ganz neue Aufgaben: Sie sollen ein Schulprogramm erarbeiten, Lehrkräfte auswählen und einstellen, Mitarbeiter motivieren, Zielvereinbarungen treffen und überprüfen, ob die Ziele erreicht wurden. Sie müssen fit sein in Moderation, Teamführung, Präsentation und sie sollen ihre Schule nach außen vertreten.

„Das lernt man nicht in einem Drei-Wochen-Seminar“, sagt Braun. Bereits im Studium müssten diese Themen auftauchen, zum Beispiel in einem Masterstudiengang „School management“, spätestens aber in der Schule selbst müssten frühzeitig geeignete Kandidaten aufgespürt und aufgebaut werden – im Moment ist es nämlich vielerorts noch schwer, überhaupt mehr als einen Kandidaten für die Besetzung einer Schulleiterposition zu finden. Der Job wird von vielen offenbar nicht als attraktiv empfunden – unter anderem, weil es an Gestaltungsmöglichkeiten mangelt. Das ist ein Ergebnis einer Umfrage, die im Auftrag von Schule-Wirtschaft durchgeführt wurde und einer neuen Studie „Was Schulleiter als Führungskräfte brauchen“ zugrunde liegt.

Paul Schuknecht, Leiter der Berliner Friedensburg-Oberschule, bezeichnet sich ganz offen als „Spinner“: Er könne in seiner Schule nur etwas voranbringen, wenn er mit den Vorgaben der übergeordneten Behörden flexibel umgehe, gelegentlich auch daran vorbeiagiere, nach dem Motto „Wenn das pädagogisch sinnvoll ist, werden wir einen Weg finden“. Horst-Dieter Husemann von der Landesschulbehörde Niedersachsen pflichtete ihm bei: Die Schulaufsicht sehe sich heute als „Partner der Schulen“ mit der Aufgabe, den Schulen auf ihrem Weg zu helfen, statt sie am Gängelband zu halten.

Die Arbeitsgemeinschaft Schule-Wirtschaft sieht aber in der Schulpolitik der Länder immer noch zu viel Gängelband und fordert: Wenn Schulleiter neue Aufgaben übernehmen, brauchen sie dafür auch die geeigneten Instrumente. Schulleiter sollen nicht nur mit ein paar Ermäßigungsstunden entlastet werden, sondern mehr Zeit in ihre Führungsaufgaben stecken können. Sie sollen frei entscheiden können, wen sie einstellen und welche Mitarbeiter sie (etwa durch Ermäßigungsstunden oder finanzielle Anreize) belohnen möchten. Auch über ihr Budget sollen sie umfassender entscheiden können, als das zurzeit in den meisten Bundesländern der Fall ist.

Die versammelten Schulleiter stimmten den Forderungen zu. Der Vorschlag, dass auch Externe Schulen führen sollen, stieß jedoch auf Skepsis – dafür brauche es doch Pädagogen. Allerdings führt auch die Schweizer Apothekerin ihre Schule nicht alleine, sondern ihr stehen zwei Lehrer als Rektoren zur Seite. Denn Schulen sind nun einmal ganz besondere „Unternehmen“ – auch wenn ihre Chefs sich immer mehr zu Managern fortbilden.

Weitere Informationen im Internet: www.schulewirtschaft.de

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