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Schweinegrippe: Die Welle hat bereits begonnen

Jörg Hacker, der Präsident des Robert-Koch-Instituts, erwartet schwere Fälle der Schweinegrippe in Deutschland. Weil viele Infizierte nur leicht erkranken und deshalb nicht zum Arzt gehen, werden längst nicht alle Fälle registriert.

„Danke, dass Sie bei diesem Grippewetter gekommen sind“, begrüßte Jörg Hacker, Direktor des Robert-Koch-Instituts (RKI), am Montag die Journalisten. Das nasskalte Wetter, das die Verbreitung von Atemwegsinfektionen begünstigt, passte zum vorgestellten Lagebericht über die Schweinegrippe A/H1N1. 3075 neue Fälle sind den Gesundheitsämtern in der letzten Woche gemeldet worden, die meisten aus Bayern und Mecklenburg-Vorpommern.

Weil viele Infizierte nur leicht erkranken und deshalb nicht zum Arzt gehen, werden längst nicht alle Fälle registriert. Hacker ist überzeugt, dass eine A/H1N1-Welle begonnen hat. „Wir sind auf einem aufsteigenden Ast. Und es hängt mit dieser Zunahme zusammen, wenn wir zunehmend auch schwere Fälle sehen.“ Im Nationalen Referenzzentrum für Influenza werden regelmäßig Abstriche von Patienten, die mit grippeähnlichen Symptomen in ausgewählte Arztpraxen kommen, genauer unter die Lupe genommen. In 27 Prozent dieser Proben wurde das neue Influenzavirus A/H1N1 gefunden. Dagegen wurde dort in diesem Herbst noch kein Virus gefunden, das die saisonale Grippe hervorruft. „Diese Viren erwarten wir jedoch, auf der Südhalbkugel hat sich in diesem Sommer gezeigt, dass beide Influenza-Arten nebeneinander vorkommen“, berichtete Hacker.

Aus England, wo die Rate der positiv auf A/H1N1 getesteten Abstriche von Atemwegserkrankten bei 37 Prozent liegt, wurde ein rasanter Anstieg der Zahlen gemeldet, 130 Todesfälle stehen mit der Neuen Grippe in Zusammenhang. Auch in der Ukraine gebe es ein „sehr dynamisches Geschehen“, sagte Hacker.

Bisher habe man noch keine Viren mit besonders krank machenden Genen gefunden, doch es bestehe weiter die Sorge, dass sie auftauchen, sagte Hacker. Bislang seien die Erreger empfindlich für den Wirkstoff Oseltamivir („Tamiflu“).

Zum Kampf um die Eindämmung der Erkrankungen und der Krankheitsfolgen gehört in den Augen des RKI-Präsidenten neben Maßnahmen wie häufigem Händewaschen eindeutig auch die nun verfügbare Impfung. Die am RKI angesiedelte Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt sie vorrangig für medizinisches Personal, Menschen mit chronischen Erkrankungen und Schwangere, die allerdings individuell beraten werden sollten.

Zur Kritik an personellen Verflechtungen zwischen Stiko und Pharmaindustrie bemerkte Hacker, Verbindungen zwischen medizinischen Impf-Experten und den Herstellern der Impfstoffe seien unvermeidlich. „Sie werden aber transparent gemacht, und sobald der Anschein der Befangenheit aufkommt, stimmen die betreffenden Mitglieder nicht mit.“

Adelheid Müller-Lissner

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