zum Hauptinhalt

Schweizer Unis: Ungeliebte Fremde

An den Schweizer Universitäten arbeiten zu viele deutsche Professoren – darüber klagen die Eidgenossen seit langem. Jetzt wehren sich die Schweizer auch gegen Studierende, die von den Nachbarn zu ihnen kommen.

Nach Ansicht vieler Hochschulen strömen inzwischen zu viele ausländische Studierende – von denen die meisten Deutsche sind – in das Land. Der Zustrom sei „nicht mehr steuerbar“, teilte die ETH Zürich auf Anfrage mit. Man wolle nicht die Grundausbildung für andere Länder übernehmen. Andreas Fischer, Rektor der Universität Zürich, sagte unlängst der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ): „An ausländischen Studierenden für das Bachelorstudium haben wir kein großes Interesse.“ Es sei nicht auszuschließen, dass nicht die Besten kommen, sondern die, die woanders keinen Platz bekommen haben. Die Hochschulen fürchten, den Ansturm finanziell nicht stemmen zu können.

Die Schweiz ist nicht das einzige Land, in dem die Hochschulen den Andrang ausländischer Studierender am liebsten eindämmen würden. In Österreich lösen deutsche Numerus-Clausus-Flüchtlinge seit Jahren Kontroversen aus. Die Belgier ärgern sich über zu viele französische Studierende an ihren Unis.

Laut des Schweizer Bundesamts für Statistik, das die NZZ zitiert, stieg die Zahl der ausländischen Studierenden zwischen 1997 und 2008 von 12 400 auf 30 500. Damit liegt die Ausländerquote an den Unis bei 15 Prozent. In zehn Jahren könnte jeder vierte Studierende aus dem Ausland stammen, heißt es in einer aktuellen Prognose. Die Ausländer schrieben sich inzwischen nicht nur für ein Gastsemester ein, sondern für das gesamte Studium. Die Deutschen sind dabei die größte Gruppe. Sie stellen ein Drittel der ausländischen Studierenden, gefolgt von Franzosen und Italienern. Mit den anstehenden doppelten Abiturjahrgängen in Deutschland könnte der Zustrom aus dem nördlichen Nachbarland nochmals massiv zunehmen, wird in der Schweiz befürchtet.

Zwar müssen alle Studenten in der Schweiz Gebühren zahlen: im Schnitt 1500 Franken (derzeit gut 1100 Euro) pro Jahr. Doch für die Finanzierung der Unis reicht das nicht aus. Das meiste Geld bekommen die Hochschulen vom Staat. Die Schweizer Kantone zahlen nach dem Prinzip „Geld folgt den Studierenden“, das Berlins Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner seit langem auch für Deutschland fordert. Studiert etwa ein Aargauer an der Uni Zürich, überweist der Kanton Aargau dem Kanton Zürich den größten Teil der Ausbildungskosten. Der Haken an dem System: Für einen Ausländer zahlen die Kantone nichts, die Unis bekommen lediglich einen geringen Ausgleich von der schweizerischen Bundesregierung. 52 Millionen Franken überweist der Schweizer Bund pro Jahr. Doch für die Ausländer betragen die Kosten ein Vielfaches. Bei jährlich rund 560 Millionen Franken liegen sie laut der Statistiker.

Bisher ist die Schweiz ein Paradies für Studieninteressierte. Zulassungsbeschränkungen, also einen Numerus Clausus, gibt es anders als in Deutschland praktisch nicht. Können Ausländer einen Schulabschluss vorweisen, der dem eidgenössischen Abitur („Matura“) entspricht, haben sie – mit Ausnahme des Faches Medizin, für das Sonderregeln gelten – einen fast uneingeschränkten Zugang an Schweizer Unis. Das gilt auch für Studierende aus Deutschland. Allein der Kanton St. Gallen hat die Aufnahme von Ausländern beschränkt: Sie dürfen maximal 25 Prozent der Plätze bekommen. In Deutschland ist der Uni-Zugang für Bewerber aus der EU und der Schweiz allerdings ähnlich freizügig: Mit guten Deutschkenntnissen sind sie deutschen Abiturienten bei der Zulassung gleichgestellt.

Die Schweizer Hochschulen fordern nun auch in den anderen Kantonen ähnliche Quoten wie in St. Gallen. Denkbar seien zudem deutlich höhere Gebühren für ausländische Studierende.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false