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Den Numerus clausus überwinden. Manchmal helfen Wartesemester. Abiturienten mit einem durchschnittlichen Schnitt sollten auch außerhalb Berlins nach einem Studienplatz zu suchen. Dort ist der NC oft niedriger oder es gibt gar keinen.

© dapd

So geht's an die Uni: Das Herz soll über die Wahl des Studienfachs entscheiden

Studieren? Ja, aber was? Und wie überspringt man den Numerus clausus? Bald läuft die Bewerbungsfrist ab. Letzte Tipps für Studierwillige

Die Zeit tickt für alle, die an die Hochschule wollen. Ende dieser Woche, am 15. Juli, läuft die Frist ab, um sich für ein Studium in einem Numerus-clausus-Fach zu bewerben. Viele Abiturienten brüten noch jetzt über der Frage, was und wo sie studieren sollen. „Die meisten bewerben sich erst ganz zum Schluss“, sagt Heike Hoffmann, Leiterin des Studierendenservices an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW), der größten Fachhochschule Berlins.

Der Auswahlprozess dürfte sich in diesem Jahr für Bewerberinnen und Bewerber in Berlin besonders spannungsreich gestalten, konkurriert doch ein doppelter Abiturjahrgang um die begehrten Plätze im Bachelor. Wir geben letzte Tipps für die Bewerbung.

Das Herz entscheiden lassen

Der Bewerbungsschluss rückt immer näher, doch es fällt schwer, sich für ein Fach zu entscheiden? Die Unis beraten Abiturienten fast bis zur letzten Minute (siehe Kasten). Horst Henrici, Leiter des Studierendenservices der Technischen Universität (TU), rät noch immer unsicheren Bewerbern, das Fach zu belegen, das sie am meisten interessiert. „Folgen Sie einfach Ihrem Herzen. Das ist die beste Voraussetzung für einen Erfolg im Studium.“ Wer sich über die eigenen Interessen nicht im Klaren ist, kann in onlinebasierten Tests herausfinden, welches Fach passen könnte. Weniger beeinflussen sollte Abiturienten, welche Berufe von „der“ Wirtschaft gefragt sind – und auch nicht die Familientradition, nach der schon immer alle Ärztinnen oder Lehrer geworden sind.

Wie hoch der NC in Berlin ist

Eine gute Note mitbringen

Die große Hürde Numerus clausus (lateinisch für: geschlossene Zahl) haben die Berliner Hochschulen vor fast allen Fächern aufgebaut. Sie vergeben dort eine begrenzte Zahl an Studienplätzen, wobei der Abiturschnitt meistens die entscheidende Rolle bei der Auswahl der Studierenden spielt. Im bundesweit beliebten Berlin ist es traditionell schwer, einen Platz zu bekommen. Wer etwa Jura studieren will, musste im Vorjahr an der Humboldt-Universität (HU) einen Abiturschnitt von 1,6 mitbringen, für BWL eine 2,1. Für Psychologie, eines der Fächer mit dem schärfsten NC, lag der Wert an der Freien Universität (FU) bei 1,2. Der NC steht nicht vorher fest, sondern richtet sich nach der Anzahl der Bewerber und deren Noten. Sind 30 Plätze zu vergeben, aber die Zahl von Abiturienten mit sehr guten Noten hoch, ist der NC entsprechend scharf.

An vielen Hochschulen können Bewerber Pluspunkte sammeln, wenn sie weitere Kriterien vorweisen. Zählen können eine Berufsausbildung oder Leistungskurse, die für den Studiengang wichtig sind. FU und HU vergeben in den meisten Fächern sechzig Prozent der Plätze nach diesem „Auswahlverfahren der Hochschulen“. Zu große Hoffnungen, so ihre Zulassungschancen gewaltig zu verbessern, sollten sich Bewerber aber nicht machen. Denn der Abischnitt muss immer am meisten zählen. „Meistens handelt es sich daher um Mikroverschiebungen in der Rangliste der Bewerber“, sagt Klaus Scholle, der das Büro „Studieren in Berlin und Brandenburg“ an der FU leitet. Ob sich wegen des doppelten Berliner Abijahrgangs der NC weiter verschärft, vermögen die Hochschulen noch nicht einzuschätzen. Womöglich „relativiert sich das Problem etwas“, sagt Scholle: Weil sich viele Berliner Abiturienten zurückstellen ließen oder erst einmal ein Jahr ins Ausland gehen.

Orientieren können sich Studieninteressierte an den Werten der Vorjahre, die die Unis im Internet veröffentlichen. An manchen Hochschulen – zum Beispiel an der FU – sind die Tabellen allerdings unübersichtlich, weil sie für das „Auswahlverfahren der Hochschulen“ eine eigene Punktewertung aufstellen. Aus diesen geht der benötigte Abischnitt nicht direkt hervor. Hier sollten Bewerber bei der Studienberatung nachfragen.

Einige Semester warten

Damit auch Bewerber mit einem schwächeren Abiturschnitt zum Zuge kommen, vergeben Hochschulen einige Plätze an diejenigen, die Wartesemester gesammelt haben. Die meisten Hochschulen in Berlin und Brandenburg verteilen so 20 Prozent der Plätze, die TU sogar 50 Prozent. Dort beträgt die Wartezeit für die meisten Studiengänge „zwei bis vier Semester“, sagt Horst Henrici. An der FU und an der HU kann es gerade in den Geisteswissenschaften und in den Lehrämtern länger dauern. So musste man an der FU im Vorjahr für die Filmwissenschaften sogar die maximal anrechenbaren 16 Wartesemester mitbringen. Als Wartezeit zählt dabei jedes Halbjahr ab der Ausstellung des Abiturzeugnisses. Die Abinote spielt erst einmal überhaupt keine Rolle in dieser Quote – sie wird nur dann als zweites Kriterium herangezogen, wenn zu viele Bewerber dieselbe Wartezeit vorweisen. Wer Wartesemester sammeln will, darf sich in der Zwischenzeit auf keinen Fall in einem anderen Fach an einer deutschen oder an einer EU-Uni einschreiben.

Wo es noch NC-freie Fächer gibt

Ein NC-freies Fach wählen

Wer sich für Technik und Naturwissenschaften interessiert, hat Glück. In dem Bereich sind in Berlin inzwischen einige Fächer nicht mehr mit einem NC versehen: Mathematik (TU, FU und HU), Informatik (TU und HU), Physik (TU und FU) sowie Elektrotechnik und Technische Informatik (beides TU). Unabhängig von ihrer Note können sich alle Abiturienten einschreiben. Das ist bis kurz vorm Semesterstart möglich.

Könnten Studierende über ein NC-freies Fach in ihr Wunschfach quer einsteigen – sich etwa in Chemie einschreiben, dann Kurse in Geschichte belegen und hoffen, später dort aufgenommen zu werden? Ein solcher Wechsel über die Fächergrenzen hinweg ist schon deswegen nicht möglich, weil Studierende sich für ihre Prüfungen elektronisch anmelden müssen und das Computersystem nur diejenigen berücksichtigt, die in einem Studiengang eingeschrieben sind. Aber auch den Quereinstieg über ein verwandtes Fach sehen Studienberater kritisch. Man könnte theoretisch Mathematik studieren und sich diese Leistungen für Ingenieurfächer anerkennen lassen, in denen ebenfalls viel Mathematik gefordert ist. „Doch das ist ein hohes Risiko“, sagt Horst Henrici: Weil die „reine“ Mathematik etwas anderes sei als die für Ingenieure, und weil es auch bei der Anerkennung manchmal hake.

Außerhalb Berlins studieren

Schon kurz hinter Berlin kann es wesentlich einfacher sein, an begehrte Massenfächer zu kommen. An der Viadrina-Universität in Frankfurt/Oder und an der Uni Halle ist Jura NC-frei, in Halle auch BWL und Politikwissenschaft, in Potsdam einige Lehramtsfächer. Die BTU Cottbus bietet ihr gesamtes Studienprogramm ohne Zulassungsbeschränkungen an. Prinzipiell sind an vielen ostdeutschen Hochschulen noch reichlich Fächer NC-frei.

Und auch da wo es einen NC gibt, ist er oft leichter zu überwinden. „Berliner mit einem durchschnittlichen oder unterdurchschnittlichen Abitur sollten daher dringend über den regionalen Tellerrand hinausschauen“, rät Klaus Scholle: „Ortsmobilität ist der Königsweg zum Studienplatz.“ Wer bundesweit sucht, hat in den allermeisten Fächern gute Aussichten. Am problematischsten seien die Psychologie und „alles mit Medien und Kultur“, sagt Scholle. „Hier ist die rationalste Strategie, sich an allen Hochschulen zu bewerben, die das Fach anbieten.“ Manchmal würden eher unbekannte Hochschulen besonders viele Plätze anbieten. Wer käme etwa darauf, dass die Uni Trier deutschlandweit die meisten Studienanfänger in Psychologie aufnimmt?

Für Abiturienten ist das auch mühsam. Sie müssen sich für die NC-Fächer an jeder Hochschule einzeln bewerben, weil das lang angekündigte und 15 Millionen Euro teure bundesweite Internetportal für die Unibewerbung immer noch nicht funktioniert. Zentral vergeben werden nur Plätze in Medizin, Tier- und Zahnmedizin sowie Pharmazie.

Welche Chancen das Verlosen von Plätzen bietet

Aufs Nachrücken oder Losen hoffen

Im August schicken die Hochschulen die ersten Bescheide raus. Wer dann eine Absage erhält, ist nicht automatisch aus dem Rennen. Den Hochschulen springen ganz im Gegenteil immer wieder Studienanfänger ab, die Zusagen von anderen Unis erhalten und lieber dort studieren. Die frei werdenden Plätze füllen die Hochschulen dann mit zunächst abgelehnten Bewerbern im „Nachrückverfahren“ auf. Wie viele Bewerber nachrücken, variiert von Jahr zu Jahr. Die HU musste etwa vor einigen Jahren in den meisten Fächern mehrere Runden durchführen. Das habe sich inzwischen geändert, sagt Steffan Baron, der Leiter der Studienabteilung der HU. 2011 ließ die HU in zwei Dritteln der Fächer gar keine Nachrücker mehr zu, weil schon alle Plätze vergeben waren.

Kurz vor Semesterbeginn verlosen Hochschulen in ganz Deutschland schließlich die Plätze, die auch nach den Nachrückverfahren frei sind. Hier können auch die teilnehmen, die sich vorher für das Fach und die Uni gar nicht beworben hatten. Allerdings sollten sich Bewerber auf keinen Fall darauf verlassen, so in Berlin zum Zuge zu kommen. Die FU verloste im vergangenen Wintersemester nur rund 80 Plätze in kleineren Fächern wie Altorientalistik oder Iranistik. HU, TU und HTW vergaben keinen einzigen Platz auf diesem Weg.

Die Bewerbung pünktlich abschicken

Im digitalen Zeitalter läuft der größte Teil der Bewerbung über die Uni-Webseiten. Ihren Zulassungsantrag müssen Bewerber dennoch am Ende ausdrucken, unterschreiben und an die Uni schicken. Anträge, die am Stichtag nicht angekommen sind, berücksichtigen die Hochschulen in der Regel nicht mehr. Also aufgepasst: Der 15. Juli ist in diesem Jahr ein Sonntag. Bewerberinnen und Bewerber sollten ihre Unterlagen rechtzeitig in den Briefkasten werfen – oder sich bei den Unis vorher erkundigen, ob sie wie die HU in der Ziegelstraße 13 einen eigenen Nachtbriefkasten haben, wo der Einwurf bis Sonntag 23 Uhr 59 möglich ist. An der FU können Bewerber sogar bis Montag, 15 Uhr, ihren Antrag persönlich am Info-Counter im Foyer der Studienberatung (Iltisstraße 1) abgeben. Die Links zum Ausdrucken der Unterlagen sind aber auch an der FU ab Sonntag um Mitternacht nicht mehr aktiv.

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