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Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU).

© dpa/Sven Hoppe

Update

Söder verteidigt Sonderregel für Bayern: „Wir haben unseren Biorhythmus mit den Ferien“

Droht im Sommer ein Ferienchaos, weil Länder aus dem bundesweiten System ausscheren? Der Unmut über süddeutsche Privilegien ist jedenfalls groß.

In der Diskussion um eine Neuordnung Termine für die Sommerferien in Deutschland hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Sonderregelung für sein Bundesland verteidigt. "Wir haben unseren Biorhythmus mit den Ferien - den wollen wir gern behalten", sagte Söder am Mittwochabend beim "Bild"-"Townhall-Talk" in München. "Wir haben das schon immer so gemacht - das hat sich gut bewährt." Hamburg und Berlin machen sich dagegen für neue Regeln bei den Sommerferien stark.

Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) hatte angekündigt, die Termine für die Sommerferien künftig freihändig festzulegen. Damit würde Hamburg aus dem seit 1964 geltenden "rollierenden System" bei den Sommerferien aussteigen, das die Termine bundesweit entzerren soll - vor allem in Hinblick auf den Reiseverkehr und die Auslastung der touristischen Angebote.

Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) bekräftigte am Dienstag auf Anfrage, dass auch Berlin an einer Neuregelung der Ferientermine interessiert sei. Allerdings wählte sie einen moderateren Ton und verwies auf „intensive Gespräche zu dem Thema“.

Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller warf Bayern und Baden-Württemberg vor, den Föderalismus in Frage zu stellen.. „Es kann nicht sein, dass einige glauben, Föderalismus ist dazu da, dass sie einfach ihre Eigeninteressen durchsetzen können, sondern es ist ein Geben und Nehmen“, sagte er am Donnerstagmorgen im Deutschlandfunk.

Als Beispiele nannte Müller den Ausstieg Bayerns und Baden-Württembergs aus dem geplanten Nationalen Bildungsrat und die Verteilung der Ferienzeiten. „Wir haben das Ganze schon beim Digitalpakt erlebt, bei den Bund-Länder-Finanzbeziehungen haben wir's erlebt, bei der Grundsteuerdebatte und jetzt wieder“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstagmorgen im Deutschlandfunk.

Bayern will keinen Kompromiss

Die aktuelle Eskalation hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Sonntag mit dem Statement ausgelöst, er sei nicht zu einem Kompromiss bei den seit Jahrzehnten auf eine Kernzeit im August festgelegten bayerischen Sommerferien bereit. "Das bayerische Abitur bleibt bayerisch, übrigens genauso, wie die Ferienzeiten bleiben, wir wollen auch die nicht angleichen", hatte Söder erklärt. Neben Hamburg hat daraufhin jetzt auch Nordrhein-Westfalen angekündigt, auszuscheren und die gleichen späten Ferienzeiten wie Bayern und Baden-Württemberg zu beanspruchen.

Im Juli hatten Hamburg und auch Berlin wie berichtet gefordert, die Ferientermine auf einen kürzeren Zeitraum im Sommer zu verteilen. Beide Länder sehen sich durch frühe Starttermine im Juni benachteiligt und wollten einen Beginn erst ab dem 1. Juli erreichen. Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) hatte sich darüber beschwert, dass "vor allem Sprünge von einem späten Ferientermin auf einen frühen Ferientermin zu einer Verkürzung von Schuljahren" führten. Das wirke sich negativ auf die Lernzeit der Schüler, die Belastung der Lehrkräfte, auf „schulorganisatorische Prozesse“ sowie auf den Zeitraum bei den Abschlussprüfungen aus, klagte Scheeres.

Über alternative Varianten sollte diskutiert werden

Doch spätestens im Oktober zeichnete sich ab, dass eine Neuordnung von den anderen Bundesländern nicht gewünscht ist. Die Begeisterung über den Vorstoß Hamburgs und Berlins halte sich „in Grenzen“, musste Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) zugeben. Bei ihrer Herbstsitzung konnte sich die Kultusministerkonferenz (KMK) deshalb erwartungsgemäß nicht auf eine Initiative zur Veränderung der Sommerferienregelung einigen.

Allerdings sollten für die Termine ab 2025 neben den nach dem bisherigen Prinzipien erarbeiteten Vorschlägen auch „alternative Varianten“ entwickelt und diskutiert werden. Die endgültige Entscheidung über die künftigen Ferientermin sollte in der KMK-Sitzung im Dezember 2020 fallen. Die ohnehin vage Option, bis dahin auch über Alternativen nachzudenken, dürfte sich jetzt mit dem klaren Nein aus Bayern und den Drohungen Hamburgs und Nordrhein-Westfalens erledigt haben.

Ties Rabe sieht sich offenbar nicht mehr die bisherigen Grundsätze gebunden. "Dieser Schuss aus Bayern wird nach hinten losgehen: Jetzt wird jedes Land genau wie Bayern die Sommerferien im Alleingang festlegen", sagte er der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwoch) und fügte hinzu: "Viel Spaß auf den langen bayerischen Autobahnen."

Abschied vom "rollierenden Feriensystem"

Das geltende "rollierende Feriensystem" teilt die Länder seit dem Hamburger Abkommen von 1964 in fünf Gruppen ein, die nacheinander in die Sommerferien starten und sich mit einem frühen und einem späteren Ferienbeginn abwechseln. Dies gilt aber nur für 14 Bundesländer: Für Bayern und Baden-Württemberg ist traditionell der letzte Sommerferientermin reserviert. Begründet wurde dies einst damit, dass Kinder und Jugendliche auf dem Land im August bei der Ernte helfen und deshalb schulfrei haben müssten. Inzwischen wird das Abonnement auf den späten Ferienstart Ende Juli oder Anfang August damit gerechtfertigt, dass beide Länder zweiwöchige Pfingstferien haben.

Die KMK hat gegen die Beschwerden Hamburgs und Berlins eingewandt, das rollierende System sei "so angelegt, dass große Sprünge vermieden werden". Der Ferienbeginn bewege sich für ein Land möglichst nur um eine, maximal um zwei Wochen nach vorne oder hinten. Dadurch hätten sich die Lernzeit im Schuljahr also gar nicht dramatisch verkürzt oder verlängert.

Scheeres: "Nicht mit Abiturpool vereinbar"

Scheeres erinnerte am Mittwoch daran, dass laut dem ursprünglichen Hamburger Abkommen die Ferien nicht vor dem 1. Juli beginnen sollen – also genau so, wie von Hamburg und Berlin jetzt verfochten. Im Laufe der Jahre wanderte der Anfangstermin aber nach vorn. Ein Ferienbeginn im Juni sei mit gemeinsamen Terminen zum Abiturpool „nicht mehr zeitgemäß“, beharrte die Senatorin.

Das Ziel eines bundesweit vergleichbaren Abiturs könne durch die Ausgestaltung der Ferienregelung unterstützt werden. Die neue Regelung solle im Übrigen „insbesondere die Gleichmäßigkeit der Schuljahre sicherstellen“. Im Hamburger Abkommen von 1964 heißt es, dass die Sommerferien „insbesondere nach pädagogischen Gesichtspunkten festgesetzt“ werden sollen.

Gegen eine Verengung des Ferienkorridors im Sommer auf eine Zeit zwischen 1. Juli und 10. September hat sich am Mittwoch der Deutsche Tourismusverband (DTV) ausgesprochen. Dies entspreche 73 Tagen, aktuell liege der Korridor bei 85 Tagen, sagte DTV-Präsident Reinhard Meyer am Donnerstag beim Deutschen Tourismustag in Rostock. Durch einen massiv verkürzten Urlaubszeitraum könnte die Tourismuswirtschaft "nicht mehr wirtschaftlich arbeiten".

Protestiert hatte allerdings nicht nur die Schulpolitik gegen einen allzu frühen Ferienstart im Sommer, sondern auch Hochschullehrende in Berlin und Nordrhein-Westfalen. Sie sind an zeitlich stark abweichende Semesterferien an ihren Hochschulen gebunden. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beider Länder hatten in diesem Jahr eine Neuregelung der Ferientermine gefordert, weil sie ihnen gerade einmal zwei gemeinsame Urlaubswochen mit ihren Kindern ließen. (mit AFP/dpa)

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