zum Hauptinhalt
Besorgt. Der führende US-Virologe Anthony Fauci warnt vor den Auswirkungen des Coronavirus.

© Al Drago/Reuters

Steigende Corona-Zahlen in den USA: Führender US-Virologe Fauci befürchtet täglich 100.000 Neuinfizierte

Anthony Fauci, Berater der US-Regierung, warnt vor den schlimmen Auswirkungen der Coronavirus-Krise – und nimmt die Bundesstaaten in die Pflicht.

Der führende US-Virologe und Präsidentenberater Anthony Fauci hat vor einem massiven Anstieg der Coronavirus-Infektionen gewarnt. Die Zahl der täglichen Neuinfektionen in den USA könne von derzeit mehr als 40.000 auf 100.000 ansteigen, sagte Fauci am Dienstag bei einer Anhörung im US-Kongress. „Ich bin sehr besorgt und ich bin nicht zufrieden mit dem, was passiert, weil wir in die falsche Richtung gehen“, sagte Fauci.

Mit Blick auf das Emporschnellen der Infektionszahlen in zahlreichen US-Bundesstaaten sagte der Leiter des Nationalen Instituts für Allergien und Infektionskrankheiten: „Ich wäre nicht überrascht, wenn wir 100.000 pro Tag erreichen, wenn sich das (der Trend) nicht umkehrt. Deswegen bin ich sehr besorgt.“

Der angesehene Spezialist für Infektionskrankheiten hatte bereits vergangene Woche gewarnt, die USA hätten „in bestimmten Gebieten ein ernstes Problem“.

Das Mitglied der Coronavirus-Taskforce der US-Regierung kritisierte nun unter anderem jüngere Menschen, die mit einem „gefährlichen“ Verhalten zur Ausbreitung des Virus beitrügen – etwa, in dem sie in volle Bars gingen, keine Schutzmasken trügen und die Abstandsregeln nicht einhielten.

[Mit dem Newsletter „Twenty/Twenty“ begleiten unsere US-Experten Sie jeden Donnerstag auf dem Weg zur Präsidentschaftswahl. Hier geht es zur kostenlosen Anmeldung: tagesspiegel.de/twentytwenty.]

Die Zahl der Coronavirus-Infektionen in den USA ist zuletzt wieder deutlich angestiegen. Mehr als die Hälfte der US-Bundesstaaten verzeichnet derzeit einen raschen Anstieg von Ansteckungen. Betroffen sind Bundesstaaten im Süden des Landes wie Texas und Florida, aber auch im Westen wie Kalifornien.

Angesichts des Anstiegs der Infektionszahlen verdoppelt New York die Zahl der Bundesstaaten, deren Bewohner sich bei einem Besuch in Quarantäne begeben müssen. Wie New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo am Dienstag sagte, gilt die zweiwöchige Quarantäne fortan auch für Besucher aus Kalifornien, Nevada, Georgia, Iowa, Idaho, Louisiana, Mississippi und Tennessee. Die Maßnahme betrifft damit insgesamt 16 Bundesstaaten.

Lockerungen der Coronavirus-Auflagen werden pausiert

Vergangene Woche war die Quarantäne für Besucher aus Alabama, Arkansas, Arizona, Florida, South Carolina, North Carolina, Utah und Texas angeordnet worden. Der Bundesstaat New York stimmt sich bei der Maßnahme mit den Nachbarstaaten New Jersey und Connecticut ab. Die Region im Nordosten der USA war anfangs das Epizentrum der Pandemie in dem Land. Zuletzt hat sich die Lage dort aber entspannt.

In Texas, Florida, Kalifornien und Arizona versuchen die lokalen Regierungen, der Entwicklung entgegenzusteuern, und pausierten die phasenweise Lockerung von Coronavirus-Auflagen oder machten sie rückgängig.

Arizonas Gouverneur Douglas Ducey beschränkte die Teilnehmerzahl bei Veranstaltungen zunächst bis Ende Juli wieder auf 50 – und das nur eine Woche nach einem Auftritt von US-Präsident Donald Trump mit zahlreichen Zuschauern. „Wir gehen davon aus, dass sich unsere Zahlen verschlechtern werden“, sagte der Gouverneur laut US-Medien.

Hält nicht viel vom Maskentragen: US-Präsident Donald Trump bei einem Coronavirus-Briefing Mitte Mai.
Hält nicht viel vom Maskentragen: US-Präsident Donald Trump bei einem Coronavirus-Briefing Mitte Mai.

© MANDEL NGAN/AFP

In dem Bundesstaat mit gut sieben Millionen Einwohnern gibt es bislang rund 75.000 bestätigte Coronavirus-Infektionen.

In Südkalifornien sollen am kommenden Feiertagswochenende im Bezirk Los Angeles die Strände geschlossen bleiben. Auch Fahrradwege, Parkplätze und Piers sind von Freitag bis Montag nicht zugänglich, teilte der Bezirk am Montagabend mit. Ebenso wurde das traditionelle Feuerwerk zum Nationalfeiertag (4. Juli) abgesagt. Gouverneur Gavin Newsom hatte am Sonntag in Teilen des US-Bundesstaats eine erneute Schließung von Bars angeordnet – gleiches gilt auch für Texas.

Der Erlass gilt in sieben Bezirken, darunter auch in der Millionenmetropole Los Angeles. Kalifornien hatte sehr früh als Vorsichtsmaßnahme Beschränkungen erlassen, diese zuletzt aber langsam gelockert. Newsom hatte Mitte Juni für den Westküstenstaat mit knapp 40 Millionen Einwohnern eine Maskenpflicht angeordnet.

Auch in Teilen Floridas sollten die Strände geschlossen bleiben. In der Stadt Jacksonville, wo US-Präsident Trump im August im Zuge des Parteitags als Präsidentschaftskandidat der Republikaner gekürt werden soll, sollen nun in öffentlichen Gebäuden, in denen Abstandsvorgaben nicht eingehalten werden können, Masken getragen werden. Trumps Republikaner hatten ihren Parteitag wegen zu strenger Auflagen in North Carolina zum Teil nach Florida verlegt.

In den USA wurden bereits mehr als 2,6 Millionen Coronavirus-Infektionen und mehr als 126.000 Todesfälle bestätigt. Das sind die mit Abstand höchsten Zahlen der Welt.

Kritiker machen US-Präsident Donald Trump für die verheerenden Auswirkungen der Pandemie mitverantwortlich. Der Republikaner hatte die Gefahr durch das Virus lange Zeit kleingeredet – und drängte dann auf eine rasche Lockerung der Corona-Beschränkungen, um im Wahljahr 2020 die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. (AFP, dpa)

Zur Startseite