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Sternwarte. Gaia soll die Milchstraße genauer als je zuvor erkunden. Das Teleskop ist nach Auskunft des Herstellers Astrium so präzise, dass es von der Erde aus eine 1-Euro-Münze auf dem Mond entdecken könnte.

© AFP

Sterne im Blick: Kartograf der Milchstraße

Start geglückt: Das Europäische Weltraumteleskop „Gaia“ soll das bislang genaueste Bild unserer Heimatgalaxie liefern - in 3-D. Heute morgen hob das Präzisionsinstrument vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana ab.

Von Rainer Kayser, dpa

Es sind beeindruckende Zahlen. Von mehr als einer Milliarde Sternen in unserer Milchstraße soll „Gaia“ die genauen Positionen, Helligkeiten und Farben messen. Dabei erfasst das europäische Weltraum-Observatorium noch Himmelsobjekte, die eine Million Mal schwächer leuchten als die schwächsten mit bloßen Augen am Firmament erkennbaren Sterne. Und das Ganze nicht nur einmal, sondern gleich 70 Mal im Laufe der geplanten Lebensdauer der Mission von fünf Jahren. Damit nicht genug, hoffen die Himmelsforscher außerdem auf die Entdeckung neuer Himmelsobjekte. Bis zu einer Million Asteroiden und Kometen, 30 000 Planeten bei anderen Sternen, 20 000 Supernovae und Hunderttausende von Quasaren.

„Die Zahl der Fragen, denen wir mit diesen Daten nachgehen können, ist immens“, sagt Anthony Brown von der Sternwarte Leiden in den Niederlanden, ein Mitglied des „Gaia“-Wissenschaftsteams. „Gaia wird mit Sicherheit unser Bild der Milchstraße revolutionieren. Darüber hinaus enthüllt eine derart umfangreiche Durchmusterung des Himmels stets Phänomene, die das Universum bislang vor uns verborgen hat.“

Etwa eine halbe Milliarde Euro kostet die anspruchsvolle Mission. Mit zwei jeweils 145 Zentimeter langen und 45 Zentimeter breiten Spiegeln beobachtet Gaia gleichzeitig zwei am Himmel weit auseinanderliegende Regionen, die jeweils etwa die vierfache Fläche der Vollmondscheibe überdecken.

„Die Genauigkeit und Empfindlichkeit von Gaia erlaubt es uns, von der Nachbarschaft unserer Sonne durch die gesamte Scheibe der Milchstraße hindurch, in der galaktischen Zentralregion und auch weit draußen im galaktischen Halo Sterne zu beobachten, ihre Positionen und Geschwindigkeiten zu messen“, erläutert Gaia-Forscher Jos de Bruijne von der europäischen Raumfahrtbehörde Esa die Reichweite des Instruments.

Sternbewegungen lassen Zukunft der Galaxie erahnen

Nicht nur die gegenwärtige Struktur der Milchstraße soll Gaia kartieren. Die Messung der Sternbewegungen gibt auch Auskunft über die künftige Entwicklung der Milchstraße und ihre Entstehung. So ermöglichen die Gaia-Daten beispielsweise, Sterne zu identifizieren, die sich gemeinsam bewegen. Solche Sternströme sind Überreste kleinerer Galaxien, die unsere Milchstraße vor langer Zeit geschluckt hat.

Die Datenmengen, die bei all diesen Messungen insgesamt anfallen, sind enorm. Die Forscher rechnen mit einer Million Gigabyte, das entspricht der Speicherkapazität von 200 000 DVDs. Doch zunächst einmal muss Gaia ins Weltall. In der Vergangenheit haben sich aufgrund technischer Probleme immer wieder Verschiebungen des Starttermins ergeben. Denn natürlich wollen die Wissenschaftler sicher sein, dass das anspruchsvolle Instrument wie geplant funktioniert. Es wäre verhängnisvoll, wenn der Ausfall eines kleinen Bauteils zu einem vorzeitigen Ende der Mission führt und dadurch weiße Flecken auf der Karte unserer Milchstraße übrig bleiben.

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