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Nicht immer ist im Hochschulbetrieb so klar geregelt, wer hört und wer spricht: Anatomie-Vorlesung an der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

© Waltraud Grubitzsch/dpa

Stimme der Hochschulen: Die Hochschulrektorenkonferenz agiert zu zurückhaltend

Wer darf für Deutschlands akademische Ausbildungsstätten sprechen? Es ist nicht die Vereinigung, die häufig so auftritt, sagt unser Kolumnist.

Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) ist die Repräsentanz der deutschen Hochschulen. Das sind die Universitäten, Fachhochschulen sowie die Kirchlichen sowie die Kunst- und Musikhochschulen. Sie sind Mitglieder des Zusammenschlusses. Die HRK firmiert als „Stimme der Hochschulen“. Manchmal klingt die Stimme zu zaghaft; oft wird sie übertönt von einer Einrichtung, der es nicht zusteht, im Namen der Hochschulen zu sprechen.

Gemeint ist der Deutsche Hochschulverband (DHV), der sich anmaßt, für die Hochschulen Positionen zu beziehen. Dabei handelt es sich nicht um einen Zusammenschluss (Verband) der Hochschulen. Mitglieder sind einzelne Personen, Professorinnen und Professoren, die in ihrer Mehrzahl an Hochschulen tätig sind. Der DHV vertritt ihre Belange, ist also nichts anderes als eine gewerkschaftlich organisierte Interessenvertretung. Durch seine Verlautbarungen geriert sich der Verband aber so, als spräche er für die Hochschulen.

Wenn sich jemand herausnimmt, für eine Organisation das Wort zu ergreifen, auch wenn es ihm nicht zusteht, ist das eine Sache. Eine andere ist es, wenn die dafür zuständige Institution es geschehen lässt. Dieses Eindrucks konnte man sich lange nicht erwehren.

Entwicklungen falsch eingeschätzt

Nun kann man darüber mit einem Achselzucken hinwegsehen, in dem man feststellt, dass dort, wo ein Vakuum besteht, eben andere den Platz einnehmen. So einfach allerdings sollte man es sich nicht machen. Die Interessen von HRK und DHV können sich durchaus unterscheiden.

Im Übrigen hat der DHV, vor allem unter seinem früheren Präsidenten, in der Einschätzung der Entwicklung des Hochschulwesens und der Beurteilung von Situationen danebengelegen. Zwei besonders deutliche Beispiele: Vehement hat sich der DHV gegen eine Professionalisierung der Hochschulleitungen gewehrt; ebenso ist er gegen eine Verkürzung des Studiums zu Felde gezogen.

Ein Porträtbild von George Turner.
Wer mit dem Autor George Turner diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schicken: george.turner@t-online.de

© Tsp

Inzwischen gibt es nur noch wenige Hochschulen, die keine hauptamtlichen Leitungen haben; ebenso gibt es flächendeckend die im Vergleich zum früheren Diplom kürzeren Bachelor-Studiengänge. Dies zeigt, dass der DHV weder formal noch inhaltlich im Namen der Hochschulen gesprochen hat.

Eine günstige Gelegenheit

Man wird nach allen Erfahrungen auch nicht erwarten dürfen, dass der Verband zukünftig Maß hält und sich zügelt. Umso wichtiger ist es, dass die Institution, die von den Hochschulen getragen wird, ihre Stimme deutlich und von anderen unterscheidbar erhebt und weder anderen das Feld überlässt noch sich „die Butter vom Brot“ nehmen lässt.

Die Wiederwahl des Präsidenten der HRK ist eine gute Gelegenheit, daran zu erinnern, wer die „Stimme der Hochschulen“ kraft satzungsmäßiger Legitimation zu führen berechtigt ist und von wem die Öffentlichkeit das auch erwartet.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail senden: george.turner@t-online.de

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