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Die Humboldt-Universität in Berlin-Mitte.

© Kitty Kleist-Heinrich

Streit an der Humboldt-Universität: Jörg Baberowski reagiert auf Anzeige von Studentinnen

Zwei Studentinnen hatten wegen eines Facebook-Posts Anzeige gegen den Historiker erstattet. Baberowski bekräftigt nun seine Aussagen.

Die Auseinandersetzungen zwischen Studierenden der Humboldt-Universität und dem HU–Geschichtsprofessor Jörg Baberowski gehen in eine neue Runde. Wie berichtet, haben zwei Studentinnen Strafanzeige gegen Baberowski erstattet und eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen ihn eingereicht. Sie reagieren damit auf einen Facebook-Post Baberowskis. Der Historiker hatte die Studentinnen Bafta Sarbo und Juliane Ziegler auf seiner Facebook-Seite am 19. August als „unfassbar dumm“ und „linksextremistische Fanatiker“ bezeichnet.

Hintergrund ist der Streit um ein von Baberowski geplantes, vorerst aber gescheitertes Zentrum für Diktaturforschung an der HU. Sarbo und Ziegler, die studentische Vertreterinnen im Akademischen Senat der Uni sind, hatten das Zentrum sowie Baberowskis Äußerungen zur Flüchtlingspolitik in einem Beitrag des „Deutschlandfunks“ kritisiert. Baberowskis Wortwahl wurde auch von HU-Professoren kritisiert. Baberowski hat den Post inzwischen gelöscht.

Auf die Anzeige hat Baberowski im Tagesspiegel-Checkpoint reagiert. Er schrieb, dass Bafta Sarbo am 2. September folgenden Tweet als „sehr gut“ bezeichnete: „Wir sagen natürlich, die Springer-Journalisten sind Schweine, wir sagen, der Typ an der Tastatur ist ein Schwein, das ist kein Mensch, und so haben wir uns mit ihm auseinanderzusetzen… und natürlich kann geschossen werden.“ Wegen dieses Tweets würde gegen Sarbo vom Staatsschutz ermittelt. Sarbo sei also keine Demokratin und habe „ein gestörtes Verhältnis zur Presse- und Meinungsfreiheit“.

Sarbo hatte ein Meinhof-Zitat als „sehr gut“ bezeichnet

Der Tweet, über den Baberowski spricht, ist ein abgewandeltes Zitat der RAF-Terroristin Ulrike Meinhof. Meinhofs Aussagen, die 1970 im „Spiegel“ veröffentlicht wurden, bezogen sich im Original auf Polizisten und nicht auf Springer-Journalisten. Bafta Sarbo wusste, dass es sich um ein Meinhof-Zitat handelt, wie sie dem Tagesspiegel sagt. Sie habe aber zu keinem Zeitpunkt zur Gewalt aufrufen wollen. Dass der Tweet so verstanden werden könne, erstaune sie. „Ich habe das als witzige Polemik aufgefasst.“ Es ging bei dem Tweet um einen Artikel in der „Bild“-Zeitung, den Sarbo als rassistisch bezeichnet.

Dass wegen des Retweets der Staatsschutz gegen sie ermittelt, sei ihr neu. „Es wäre interessant zu wissen, woher Baberowski diese Informationen hat“, so die Studentin. Weiterhin betont Sarbo, dass der Tweet in keinerlei Zusammenhang mit dem Beitrag im „Deutschlandfunk“ und Barberowskis Reaktionen darauf stehe.

Tatsächlich erfolgte Baberowskis Facebook-Eintrag zwei Wochen vor dem besagten Retweet Sarbos. Auf eine Frage des Tagesspiegels nach dieser zeitlichen Diskrepanz ging Baberowski in einer weiteren Stellungnahme nicht explizit ein. Er bezieht sich darin stattdessen auf Tweets vom 25. und 6. September, in denen Sarbo den „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt als „verlogenen Hund“ und „Welt“-Chef Ulf Poschardt als „dumm“ bezeichnete.

Baberowski steht zu seinen Aussagen über die Studentinnen

Sarbo und Ziegler hätten in dem „Deutschlandfunk“-Beitrag weiterhin ihre „völlige Unkenntnis geschichtswissenschaftlicher Forschung und ihrer Standards“ demonstriert. Ihre Äußerungen würden einen Geist offenbaren, „der autoritären Regimen zu eigen ist“. Man wolle Andersdenkenden das Recht absprechen, sich Gehör zu verschaffen.

„Frau Zieglers Aussagen in dem besagten Interview bestehen im Wesentlichen aus haltlosen Unterstellungen, die darauf hinauslaufen, dass nur forschen dürfe, wer den gewünschten Gesinnungsnachweis beibringt“, so Baberowski. Dies sei eine Haltung, die aus Diktaturen bekannt ist. Historiker seien jedoch „weder Staatsanwälte noch Richter“, sondern sollten darum bemüht sein, zu verstehen, was andere Menschen tun und getan haben.

Der Historiker Jörg Baberowski.
Der Historiker Jörg Baberowski.

© Hendrik Schmidt/picture alliance / dpa

„Ich möchte darauf bestehen, für dumm zu halten, was offensichtlich dumm ist“, schreibt Baberowski. Es sei für jedermann ersichtlich, dass beide Studentinnen linksextremistische Positionen vertreten. „Das dürfen sie natürlich, ebenso wie ich dies beim Namen nennen darf.“

Bafta Sarbo erwidert, dass die Kontexte der Aussagen nicht vergleichbar seien. Wenn ein Professor Studierende seiner Universität – und in Juliane Zieglers Fall seines eigenen Instituts– aus seiner Machtposition heraus öffentlich beleidige, habe dies eine andere Qualität als die Äußerungen auf ihrem privaten Twitter-Account über bekannte Journalisten, zu denen sie in keinerlei persönlichem Verhältnis stehe. Auch die Konsequenzen der Aussagen seien nicht zu vergleichen.

Rassistische Beleidigungen und Bedrohungen im Internet

Sarbo berichtet von massiven rassistischen Beleidigungen und Bedrohungen auf Twitter und rechten Webseiten nach Baberowskis Äußerungen. Es gehe dabei nicht um ihre Positionen als Studentin, sondern um ihre Hautfarbe. „Reaktionen wie die Baberowskis schränken studentische Kritik an der Uni ein“, sagt Sarbo. Ihr Twitter-Account ist inzwischen nicht mehr öffentlich zugänglich.

Baberowski selbst stelle in seinen öffentlichen Beiträgen seine eigene Position als Geschichtsprofessor immer wieder in Zusammenhang mit seinen politischen Äußerungen, sagt die Studentin. Baberowski hatte unter anderem Brandanschläge auf Flüchtlingsheime zwar als „schlimm“, aber angesichts der „Probleme Deutschlands mit der Einwanderung“ noch als „eher harmlos“ bezeichnet. Für Sarbo sind solche Aussagen „menschenverachtend“ und nicht vereinbar mit dem Selbstbild der Universität.

Von der HU erwarten die Studentinnen, dass sie die studentische Meinungsfreiheit schützt. Gabriele Metzler, Dekanin der Philosophischen Fakultät, sagte auf Anfrage, ein Vermittlungsverfahren sei eingeleitet worden. Bis zum Abschluss der Gespräche äußere sie sich nicht öffentlich. Zuvor hatte sie Baberowskis Aussagen kritisiert: Auf der Ebene persönlicher Beschimpfungen zu operieren, führe zu nichts.

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