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Berlin schneidet beim "Bildungsmonitor" der Initiative für Soziale Marktwirtschaft besonders schlecht ab.

© dpa

Studie: Berlin hat das schlechteste Bildungssystem

Sachsen und Thüringen haben die leistungsfähigsten Bildungssysteme, Berlin dagegen das schwächste. So sieht das deutsche Bildungswesen zumindest aus der Sicht der Wirtschaft aus.

Am Dienstag veröffentlichte die von den Arbeitgebern finanzierte „Initiative Soziale Marktwirtschaft“ in Berlin zum achten Mal ihren „Bildungsmonitor“. Dieser soll die Bildungssysteme auf die Frage hin abklopfen, welchen Beitrag sie zum Wirtschaftswachstum leisten.

Auf die beiden Ostländer Sachsen und Thüringen folgen Baden-Württemberg und Bayern. Nach dieser Gruppe sind die Unterschiede der Länder in der Skala des „Bildungsmonitors“ eher gering. Man könne daher von „einer Spitzengruppe und einem breiten Mittelfeld sprechen“, sagte Axel Plünnecke vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, das die Auswertung für die INSM erstellte. „Starke Verbesserungen“ im Vergleich zur Publikation im vergangenen Jahr zeigten neben Thüringen Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, NRW, Hessen und auch Berlin, dessen „Aufholerfolge“ trotz des Schlussranges „anerkennenswert“ seien, wie INSM-Geschäftsführer Hubertus Pellengahr sagte. Seit der ersten Erhebung im Jahr 2004 hätten alle Länder große Fortschritte gemacht. Das Niveau habe sich insgesamt nach oben verschoben: So liege Berlin heute über dem Wert des damaligen Spitzenreiters Bayern.

Der Bildungsmonitor ist eine Metastudie, in die vor allem Daten des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2009 und bereits veröffentlichte Bildungsvergleiche wie die Pisa-Studie einfließen. Ingesamt seien mehr als 100 Indikatoren berücksichtigt, sagte Plünnecke: Von Bildungsausgaben über Kitaplätze und Schulqualität bis hin zur Arbeitsmarktorientierung der Bildungssysteme. Für das Länderranking hat das IW aus der Gesamtschau der Indikatoren eine eigene Punkteskala entwickelt. Ein Schwerpunkt liegt auch auf der Frage, wie gut die Länder Nachwuchs für die Technologie-Branchen produzieren. Gerade hier sind Sachsen und Thüringen gut, die für ihre bundesweit höchste Quote an Ingenieurabsolventen gelobt werden. Auch in der Schulqualität liegen die beiden Länder vorn, was Erfolgen bei vergangenen Bildungsvergleichen zuzuschreiben ist.

Berücksichtigt werden auch Faktoren, die nicht unmittelbar etwas mit Kitas, Schulen und Hochschulen zu tun haben. So hob INSM-Geschäftsführer Pellengahr für Baden-Württemberg und Bayern hervor, dass Jugendliche dort „besonders gute Chancen auf einen erfolgreichen Einstieg in den Arbeitsmarkt haben“. Bewertet wird hier, wie viele Ausbildungsstellen die Industrie anbietet – dass der industriestarke Süden hier gut abschneidet, verwundert nicht weiter. Berlin wiederum hat hier eine große Schwäche. Wie ist sonst das Abschneiden Berlins zu erklären?

Defizite sieht die Studie vor allem in der Schulqualität und in der Integration ausländischer Jugendlicher. „Ein zu großer Teil der Berliner Schüler erfüllt nach wie vor nicht die Mindestsstandards im Lesen und Schreiben“, kritisierte Pellengahr. Hier beruft sich der Bildungsmonitor auf Daten aus den Pisa-Studien von 2006 und aus der im vergangenen Jahr veröffentlichten Ländervergleich des Instituts Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB), in dem geprüft wurde, ob die Schüler die Bildungsstandards im Fach Deutsch erreichen. Bei beiden Vergleichen schnitt Berlin schlecht ab. Die beiden Studien sind ebenfalls Grundlage für die Aussagen über die Integration ausländischer Schüler. Eine Rolle spielt dabei zudem, dass die Schulabbrecherquote unter Ausländern (Stand: 2009) im bundesweiten Vergleich hoch ist. Der Wert von 16,4 Prozent sei „inakzeptabel“, sagte Pellengahr. Er empfahl Maßnahmen wie die Stärkung der Sprachförderung in den Kitas und mehr Transparenz in den Schulen.

Schwach schneidet Berlin auch bei den Bildungsausgaben ab. Ein Urteil, das überrascht, liegt Berlin doch bei Pro-Kopf-Ausgaben pro Schüler bundesweit an der Spitze, was dem früheren Finanzsenator Sarrazin immer wieder ein Dorn im Auge war. Hier wird Berlin Opfer der INSM-Zählweise. In der Studie werden die Pro-Kopf-Ausgaben damit verrechnet, wie viel ein Land insgesamt pro Einwohner ausgibt. So soll gezeigt werden, welche Priorität Bildung im Vergleich zu den Gesamtausgaben hat. Berlin fällt hier auf die Füße, dass es wegen seiner hohen Schulden vergleichsweise viel pro Einwohner ausgibt und der Anteil der Bildungsausgaben am Gesamtetat der Stadt damit sinkt.
Gelobt wird dagegen die Forschungsintensität der Berliner Hochschulen und die hohe Zahl von Kita- und Ganztagsschulplätzen, wo Berlin bundesweit den größten Sprung gemacht habe.

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