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Studie: Zahl der Klimaflüchtlinge nimmt dramatisch zu

Bis 2050 werden 200 Millionen Menschen auf der Welt vor den Folgen von Stürmen, Dürren oder Überschwemmungen flüchten. Wenn nicht bald etwas getan wird, hat das fatale Folgen, prophezeit eine Studie der UN.

Wenn keine konsequenten Maßnahmen gegen die globale Erderwärmung ergriffen werden, könnten bis zur Mitte dieses Jahrhunderts rund 200 Millionen Menschen – also etwa zweieinhalb Mal so viele Menschen wie in Deutschland – ihrer Existenzgrundlage beraubt und gezwungen sein, ihre Heimat zu verlassen. Das berichteten UN-Organisationen und Internationale Hilfsorganisationen auf der UN-Klimakonferenz in Bonn unter Berufung auf Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM).

Die Fluchtbewegungen könnte "alles bisher Dagewesene" übertreffen, warnen die Autoren der Studie. "Die Konsequenzen für die menschliche Sicherheit könnten verheerend sein." Schon in den nächsten Jahren sei zu erwarten, dass Millionen Menschen auf der Flucht seien. "Menschen in Entwicklungsländern und Inselstaaten werden als erstes und am schwersten betroffen sein", schreiben die Autoren.

Die vorgestellte Studie präsentiert neue empirische Daten, die im Rahmen einer erstmaligen, weltweiten Untersuchung ermittelt wurden. "Wir brauchen neue Denkanstöße und praktische Ideen, um die Gefahren zu verringern", sagte Koko Warner von der UN-Universität und Hauptautorin der Studie.

Der Klimawandel habe bereits heutzutage "einen immer größeren Einfluss auf die Entscheidung der Menschen, ihre Heimat zu verlassen", sagte der Klima-Koordinator der Hilfsorganisation Care International, Charles Ehrhart. Vor allem die möglichen Auswirkungen eines steigenden Meeresspiegels seien alarmierend. "Im dicht besiedelten Flussgebiet des Mekongs in Vietnam würde ein Anstieg von zwei Metern die Häuser von 14,2 Millionen Menschen und die Hälfte des Ackerlandes überschwemmen." Ähnliches gilt für die Anrainergebiete etwa des Ganges in Indien oder des Nils in Ägypten.

Schon jetzt sind Millionen Menschen vom globalen Klimawandel betroffen. Allein im Jahr 2008 seien durch Naturkatastrophen als Folge des Klimawandels rund 20 Millionen Menschen obdachlos geworden und aus ihren Heimatregionen geflüchtet, hatten internationale Hilfsorganisationen und UN-Einrichtungen am Montag berichtet. Die Zahl der von Naturkatastrophen direkt betroffenen Menschen sei im vergangenen Jahrzehnt stark gestiegen. Im Schnitt würden 211 Millionen Menschen jedes Jahr von Naturkatastrophen heimgesucht.

Auch in Zukunft werden insbesondere ärmere Länder vom Klimawandel am stärksten betroffen werden, sind sich Experten einig. Doch dort fehlt es an Geld, um sich für die Folgen zu wappnen und für die Menschen resistente Lebensgrundlagen aufzubauen. Darüber wird auch bei den Verhandlungen für ein neues Klimaschutz-Abkommen gerungen, das Ende des Jahres in Kopenhagen vereinbart werden soll.

Viele Milliarden Euro jährlich sind für Maßnahmen zur Anpassung an die Klimaveränderungen und Katastrophenvorsorge nötig. Die reichen Industrieländer halten aber noch die Hände auf ihre Geldbeutel. Dabei könnten betroffene Menschen – etwa der Bauer aus Mexiko oder der Fischer aus Bangladesch – schon bald auch an ihren Grenzen stehen.

ZEIT ONLINE, sp, dpa, 10.6.2009 - 15:28 Uhr

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