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Die ganze Zukunft vor sich. Marion Arnold berät Studieninteressenten und ihre Eltern. Dabei kommen oft auch Existenzängste zur Sprache.

© Johannes Bock

Studienberatung: „Habt Mut, euch auszuprobieren!“

Die Leiterin der UdK-Studienberatung Marion Arnold über Berufung und Risikobereitschaft junger Künstlerinnen und Künstler.

Frau Arnold, stimmt eigentlich die landläufige Vorstellung, dass angehende Künstlerinnen und Künstler schon von Kindesbeinen an genau wissen, was sie wollen?
Das ist ganz unterschiedlich. Es gibt viele junge Leute, die zu uns in die Studienberatung kommen und genau wissen, dass sie zum Beispiel malen möchten und nichts anderes. Es gibt aber mindestens genau so viele, die erst einmal nur eine ungefähre Ahnung haben. Die zum Beispiel „etwas mit Theater“ machen wollen und sich erkundigen, welche Möglichkeiten es da überhaupt gibt. Und es gibt diejenigen, die vermeintlich genau wissen was sie wollen, und dann, wenn sie das ganze Spektrum kennengelernt haben, etwas anderes viel besser finden.

Da spielt doch sicher auch das Elternhaus eine wesentliche Rolle, oder?

Ja, aber nicht nur. Natürlich ist es etwas anderes, ob man in einem kunstfernen Haushalt aufwächst oder ob man Eltern hat, die einen früh fördern und künstlerische Neugier wecken. Aber auch die Schule spielt eine entscheidende Rolle. Ein Lehrer, der engagiert künstlerische Projekte organisiert und es schafft, die Schülerinnen und Schüler für die Künste zu begeistern, kann genauso starke Impulse geben.

Das Talent ist sicher wichtig, aber auch die frühe künstlerische Praxis.

In einigen Fächern sicherlich. Die Musikerinnen und Musiker kommen fast alle mit einer langjährigen Vorbildung zu uns, und das ist – zumindest in der Frühphase – meist von den Eltern ausgegangen. Für einige unserer Studiengänge ist das unabdingbar. Wenn man mit 20 auf die Idee kommt, Cellist zu werden, aber das Instrument bis dahin noch nie in der Hand hatte, dann ist der Zug längst abgefahren.

Erleben Sie die Eltern als Bedenkenträger?

Gerade bei den jungen Menschen, die aus einer anderen Stadt anreisen, sind die Eltern oft bei der Beratung dabei. Sie nutzen die Gelegenheit, sich auch selbst über die Studienmöglichkeiten zu informieren. Die meisten dieser Eltern erlebe ich als sehr offen für eine künstlerische Laufbahn. Wenn es dann aber tatsächlich ernst wird, dann kommen Existenzängste auf. Da ist der Tenor dann oft ,Kunst ja, aber vielleicht doch lieber auf Lehramt’.

Wie reagieren Sie darauf?

Abgesehen davon, dass man sich zu dem Beruf des Lehrers genauso berufen fühlen muss, rate ich jedem, dem es wirklich ernst ist, sich auf jeden Fall zu bewerben.

Die Frage ist doch, ob man die erste Hürde der Aufnahmeprüfung überhaupt nimmt.

Das stimmt. Die Latte hängt sehr hoch – in manchen Fächern kommen auf 800 Bewerber gerade mal zehn Studienplätze.

Und der Sicherheitsfaktor?

Ach, die Vernunft kann dann immer noch kommen, und Kompromisse kann man noch sein ganzes Leben lang eingehen. Das kommt auch auf den Verlauf der künstlerischen Karriere an und auf die Lebensphase. Man wird älter, hat vielleicht irgendwann selbst Kinder und will mehr Sicherheit. Es passiert immer wieder, dass jemand, der bei uns Kunst studiert hat, nach zehn Jahren zurück kommt und fragt, ob die Möglichkeit besteht, zum Beispiel auf Lehramt umzusatteln. Das ist dann zwar nicht einfach, aber machbar.

Also raten Sie erst einmal zum Risiko?

Ich würde das nicht Risiko, sondern Neugier nennen. Und Mut, sich auszuprobieren. Man kann sich und seinen Kindern, ruhig etwas zutrauen. Diese Leichtigkeit und Zuversicht gehen leider bei dem Druck, der mit Beginn der Schulzeit aufgebaut wird, verloren. Und das ist sehr schade. Da gibt es eine große gesellschaftliche Unsicherheit; bei den Eltern, bei den Lehrern und dann auch bei den Kindern und Jugendlichen selbst. Das verbaut vieles, und da spreche ich nicht nur von dem beruflichen Werdegang.

Sondern?

Es kann sehr belastend sein, wenn man ewig in der Sehnsucht gefangen ist. Wenn jemand mit 40 zu mir in die Beratung kommt und sagt „Eigentlich wollte ich das damals so sehr, habe mich aber nicht getraut, und jetzt ist es zu spät“, das ist doch traurig. Das sitzt wie ein Stachel im Fleisch, oftmals ein Leben lang.

Das Gespräch führte Claudia Assmann. Während des Rundgangs sind Marion Arnold und ihr Team am Infotresen in der Hardenbergstraße 33 vor Ort.

Claudia Assmann

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