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Studienreform: "Dreijähriger Bachelor muss gut erklärt werden“

Die kanadische Uni-Expertin Barbara Evans erklärt, was Nordamerika von den neuen Studiengängen in Deutschland hält - und was das Ausland von deutschen Hochschulen lernen kann.

In Deutschland dauert der Bachelor in der Regel drei Jahre, in Nordamerika dagegen vier Jahre. Es gibt hierzulande Befürchtungen, amerikanische Unis könnten den kurzen Bachelor nicht anerkennen. Sind diese Befürchtungen gerechtfertigt?

Umfragen zeigen, dass die Zahl der Unis in den USA und Kanada erheblich gesunken ist, die dreijährige Bachelor-Studiengänge prinzipiell nicht anerkennen. Vielmehr scheint sich fast überall die Position durchsetzen, von Fall zu Fall zu entscheiden. Wenn Studierende von einer exzellenten Uni kommen oder sehr gute Noten mitbringen, können sie in der Regel zugelassen werden. Einige kanadische Unis werben auf ihren Webseiten sogar explizit damit, dass sie auch für Absolventen eines dreijährigen Bachelors offen stehen.

Bisher kann Deutschland darauf verweisen, dass die Schule bis zum Abitur 13 Jahre dauert. In Amerika ist es ein Jahr weniger. Nun wird das Gymnasium um ein Jahr verkürzt. Führt das zu neuen Schwierigkeiten?

Tatsächlich wird auch in Amerika oft argumentiert, dass die längere Schulbildung der Deutschen und anderer Europäer den kürzeren Bachelor ausgleicht. Für die amerikanischen Unis, die bei Bewerbungen vor allem Jahre zählen, könnte eine Verkürzung der Schulzeit dazu führen, dass sie weniger geneigt sind, Deutsche zu akzeptieren. Deutsche Universitäten werden künftig genau erklären müssen, inwieweit ihr dreijähriger Bachelor genauso gut auf ein Master-Programm vorbereitet wie unsere vierjährigen Programme. Da liegt noch einige Arbeit vor den Deutschen.

Deutsche Unis bieten teilweise sehr eng gefasste Bachelor-Studiengänge an. Wie spezialisiert sollte der Bachelor sein?

Das lässt sich so pauschal nicht sagen. In Nordamerika wird eine breite Ausbildung im Bachelor-Bereich sehr geschätzt. Das kann allerdings dazu führen, dass Studierende dort wissenschaftlich nicht so sehr in die Tiefe gehen wie in Deutschland oder auch Großbritannien und Australien, wo die Bachelor-Studiengänge ebenfalls eher spezialisiert sind. Man muss dazu auch sagen, dass deutsche, englische und australische Studienanfänger durch die Schule sehr viel besser vorbereitet werden als amerikanische.

In den Bologna-Prozess soll die Doktorandenausbildung einbezogen werden. In Deutschland haben sich die Unis auf dreijährige Doktorandenprogramme festgelegt, in den USA dauern sie oft länger. Was ist der Vorteil von längeren Programmen?

Meiner Meinung nach sind drei Jahre für ein gutes Doktorandenprogramm sehr knapp bemessen. Für Studierende hat ein längeres Programm Vorteile: Sie bekommen einen breiteren Überblick und verstehen besser, wie sich ihre Forschung in den Kontext ihrer Disziplin einordnet. Es gibt aber auch andere Gründe, warum die Programme in den USA und manchmal auch in Kanada länger dauern. So müssen Doktoranden dort oft nebenher als Research oder Teaching Assistant arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. In Deutschland oder Australien werden Doktoranden, die an solchen Programmen teilnehmen, dagegen gut gefördert.

Können Unis weltweit auch etwas vom deutschen Hochschulsystem lernen?

Es ist imponierend, wie deutsche Doktoranden – mit der Unterstützung der Forschungsorganisatoren – nach Exzellenz streben und dabei versuchen, immer über ihren Tellerrand hinauszublicken. Vor einigen Jahren begegnete ich in Australien mitten in der Wüste Wissenschaftlern, die wilde Kamele erforschten. Raten Sie, woher die kamen. Das waren Deutsche, die mit deutschem Forschungsgeld unterwegs waren.

Die Fragen stellte Tilmann Warnecke.

Barbara Evans ist Dekanin für alle Graduiertenprogramme an der University of British Columbia in Vancouver, Kanada. Davor war sie Vize-Kanzlerin der Uni Melbourne in Australien.

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