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Angela Ittel ist Psychologin und Vizepräsidentin für Internationales und Lehrkräftebildung an der TU Berlin.

© David Ausserhofer

Studium für Berufsschullehramt an der TU Berlin: „Man muss authentisch sein“

Angela Ittel über Chancen und Anforderungen an künftige Berufsschullehrer. Bundesweit sind sie gefragt

Frau Professor Ittel, wenn Sie an Ihre eigene Schul- und Universitätszeit zurückdenken: Gab es da einen Lehrer, eine Lehrerin, der oder die Sie besonders beeindruckt hat?
Ich erinnere mich noch gut an meinen Deutschlehrer, der sehr streng war. Geprägt hat mich auch eine Dozentin aus meiner Promotionszeit an der Universität von Kalifornien. Ich hatte zwar kaum persönliche Berührungspunkte mit ihr, doch der Stil ihrer Lehrveranstaltungen beeinflusst bis heute die Gestaltung meiner eigenen Lehre. Solche Personen sind wichtig, sie bilden Säulen für das eigene Leben und den beruflichen Alltag.

Sie befassen sich in Ihrem Amt als Vizepräsidentin für Lehrkräftebildung mit der Lehramtsausbildung. Welche Eigenschaften sollte man als Lehrer oder Lehrerin unbedingt mitbringen?
Die perfekte Lehrerpersönlichkeit kann man abstrakt nicht beschreiben, weil es immer auch auf die Schüler ankommt. Manche mögen strenge Lehrerinnen, andere fassen Vertrauen bei eher kumpelhaften Lehrern. Man muss aber authentisch sein. Oft wird man gefragt: Kann man es lernen, ein guter Lehrer zu sein? Ich glaube schon! Man braucht eine Fülle an didaktischen Methoden. Sehr wichtig finde ich auch die Offenheit gegenüber jugendlichen Lebenswelten. Beispiel Cybermobbing: Manche Lehrer nehmen dieses Problem nicht ernst, weil sie es nicht kennen. Man muss sich dem öffnen, um einen Zugang zu den Schülerinnen und Schülern zu bekommen.

Beim Berufsbild „Lehrer“ denken viele an Kinder, denen man Lesen, Schreiben, Mathe oder Latein beibringt. Dabei gibt es noch einen weiteren Studiengang, das Berufsschullehramt. Was ist das Besondere an diesem Zweig der Lehramtsausbildung?
Der zentrale Unterschied liegt natürlich in der Schulform, an der man später einmal unterrichtet und die auch einen anderen Schulalltag bedeutet. Der Unterricht findet nur einmal wöchentlich statt oder wird geblockt. Man hat dadurch ein distanzierteres Verhältnis zu den Schülerinnen und Schülern. Sie sind älter und haben unterschiedliche, aber sehr dezidierte Lebensvorstellungen. Viele schätzen die Berufsschule als Ort, an dem man außerhalb des Lehrbetriebs neue soziale Kontakte knüpfen kann. Manche tun sich aber auch schwer damit, noch mal zur Schule zu gehen. Als angehende Berufsschullehrerin muss man also neben den fachlichen Aspekten auch lernen, wie man diese heterogene Schülergruppe interessiert. Ein Berufsschullehrer sagte einmal: Man muss motivieren, motivieren, motivieren!

Wie sieht das Studium für Berufsschullehramt an der TU aus?
Zunächst einmal gilt es, die fachwissenschaftlichen Anteile in dem eigentlichen Feld, für das man sich immatrikuliert hat, zu absolvieren. An der TU Berlin bieten wir Bautechnik, Elektrotechnik, Lebensmittelwissenschaft, Land- und Gartenbauwissenschaft und Metalltechnik an. Im sechssemestrigen Bachelor dominieren diese fachlichen Anteile, die in der ersten Studienphase einen tollen interdisziplinären Austausch ermöglichen. Dazu kommen didaktische und erziehungswissenschaftliche Anteile.

Sicher unterscheiden sich diese pädagogischen Inhalte vom Grundschul- und Sekundarschullehramt?
Genau, schließlich geht es um eine andere Zielgruppe und es macht einen Unterschied, ob es um das Lernen von Kindern oder von Erwachsenen geht. Typischerweise gehen wir schnell in die Anwendungsorientierung, fragen also: Was bedeuten die erziehungswissenschaftlichen Theorien für den Unterricht? Unsere Berufsschullehrämtler wollen wissen, wie sie das theoretische Wissen konkret im Alltag gebrauchen können.

Zum Wintersemester 2015/16 tritt in Berlin das neue Lehrkräftebildungsgesetz in Kraft. Gibt es Neuerungen im Profil des Studiengangs?
Neu ist, dass das Lehramt für Sonderpädagogik abgeschafft wurde und sich stattdessen alle Lehramtsstudiengänge mit Inklusion beschäftigen. Auch die angehenden Berufsschullehrerinnen und Berufsschullehrer lernen also dieses Feld kennen, das sich zwischen körperlichen Schwerbehinderungen, emotionalen Schwierigkeiten und Heterogenität der Schülerschaft bewegt. Eine gravierende Änderung ist die Einführung des Praxissemesters während des zweijährigen Masters. Insgesamt gibt es eine leichte Verschiebung, die fachwissenschaftlichen Anteile dominieren den Bachelor, und die pädagogischen Anteile prägen die Masterphase.

Ist diese Verschiebung sinnvoll?
Aus Studierendenperspektive mag sie schwierig sein, weil viele gerade am Anfang des Studiums den Bezug zum späteren Arbeitsfeld suchen. Man beginnt sein Studium mit dem konkreten Ziel Berufsschule – und spürt davon zu Beginn erst mal wenig. Immerhin wurde das Orientierungspraktikum nach vorne gezogen. Es findet gleich nach dem ersten Semester statt, sodass die Studierenden schnell herausfinden können, ob das Berufsschullehramt das Richtige für sie ist.

Für wen ist denn das Berufsschullehramt die richtige Option?
Wir freuen uns über Abiturientinnen und Abiturienten genauso wie über Personen, die bereits ein anderes Studium oder gar eine Berufsausbildung begonnen haben. Die meisten unserer Studierenden haben schon Praxiserfahrung, was von den Berufsschulen auch sehr geschätzt wird.

Ist es schwierig, in den Studiengang aufgenommen zu werden?
Im Gegenteil, die Studiengänge sind nicht zulassungsbeschränkt. Außerdem bemühen wir uns an der TU um eine gute Betreuung. Wir haben Buddysysteme, Mentoring- und Tutorienprogramm entwickelt, die das Studium und den erfolgreichen Abschluss erleichtern.

Und die Aussichten, einen Job zu finden?
Sind ausgezeichnet. Fast alle Fächer im Berufsschullehramt sind bundesweit Mangelfächer – die Lehrerinnen und Lehrer werden also wirklich gebraucht.

Das Gespräch führte Anna-Lena Scholz.

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