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Studium: Hürden für Europas Studierende

Eine neue Studie zeigt: Die unterschiedlichen Hochschulsysteme in Europa machen es Studenten immer noch schwer, einen Teil des Studiums im Ausland zu absolvieren.

So könnte der gemeinsame europäische Hochschulraum idealerweise aussehen: Zwei Hochschulen aus verschiedenen Ländern entwickeln ein gemeinsames Studienprogramm. Ihre Studierenden belegen Kurse an beiden Unis, die Leistungen bekommen sie ohne Probleme anerkannt. Als Abschluss bekommen sie ein Zeugnis, das von beiden Hochschulen unterschrieben ist.

Tatsächlich gibt es solche „Joint Degrees“ (gemeinsame Abschlüsse zweier oder sogar mehrerer Hochschulen über Ländergrenzen hinweg) in Europa bereits. Doch in einer Studie kommt jetzt das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) zu einem zwiespältigen Fazit: Noch immer gebe es „immense Disharmonien“ zwischen den Hochschulsystemen der einzelnen Länder, die die Einrichtung solcher gemeinsamen Programme nachhaltig erschwerten. „Die Probleme binationaler Studiengänge werden unterschätzt“, heißt es in der Studie. Die Programme blieben „hinter hohen Anfangserwartungen zurück“. Da sie zudem viele Ressourcen einer Hochschule binden würden, sei es fraglich, ob sie künftig überhaupt eine wichtige Rolle beim Zusammenwachsen der europäischen Unisysteme spielen könnten.

Die Studie stützt sich auf Erfahrungen, die Hochschulen im Grenzgebiet zwischen Deutschland und den Niederlanden zwischen 2002 und 2008 machten. Dort wollten die Fachhochschulen Osnabrück, Münster und Enschede (Niederlande) ein groß angelegtes binationales Studienprogramm umsetzen. Die Ergebnisse waren ernüchternd: Von fünf geplanten gemeinsamen Studiengängen im Bachelor- und Masterbereich wurde nur ein Master-Studiengang verwirklicht. Die Vorhaben seien an vielen Faktoren gescheitert, heißt es: Die politischen Rahmenbedingungen spielten eine Rolle wie die unterschiedlichen Studienstrukturen.

So konnten sich die Hochschulen nicht einigen, wie lange ein Bachelor-Studium dauern soll. In den Niederlanden ist der Bachelor, anders als an den meisten deutschen Hochschulen, auf vier Jahre ausgelegt. Im ersten Jahr in Holland – dem „Propedeuse“ – bekommen die Studierenden einen Überblick über ihr Fach, sie können testen, ob es ihnen überhaupt liegt. Die Münsteraner und die Osnabrücker wünschten aber keinen vierjährigen Bachelor. Sie schlugen vor, für die deutschen Studierenden das „Propedeuse“ einfach zu streichen. Für die Holländer war das nicht akzeptabel. Als wenig hilfreich erwies sich auch, dass Akkreditierungsagenturen in Deutschland und den Niederlanden unterschiedliche Maßstäbe an ein Programm anlegen.

Eine weitere Hürde stellten die unterschiedlichen Finanzierungssysteme dar. Niederländische Hochschulen bekommen vom Staat nur Geld für Bachelor-Studierende. Der Masterbereich muss sich dagegen, anders als in Deutschland, komplett selbst finanzieren. Die Einrichtung vieler Master-Studiengänge war für die Holländer damit finanziell zu riskant, da die Nachfrage von Studierenden nicht abzusehen war. Auch wie mit den Unterschieden bei den Studiengebühren im Bachelor umgegangen wird (in Holland kostet das Studium derzeit gut 1600 Euro pro Jahr, die Gebühren liegen damit um mehr als 50 Prozent über denen in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen), blieb umstritten.

„Die Bewältigung dieser Hürden kostet die Hochschulen viel Zeit und Energie“, folgert die Studie. Eine weitere Harmonisierung des europäischen Hochschulraums sei daher dringend geboten. Womöglich seien gemeinsame Studienprogramme sogar einfach zu aufwendig, um flächendeckend eingeführt zu werden – zumal sich bisher eher wenige Studierende für die existierenden Programme interessieren würden. Auch sei nicht gesichert, dass „Joint Degrees“ Absolventen auf dem Arbeitsmarkt wirklich mehr Chancen eröffnen. Hochschulen sollten daher verstärkt Ideen für „weniger aufwendige“ Angebote bei der Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern entwickeln. 

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