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Der verwüstete Strand bei dem Ort Lalomanu an der Südküste Samoas am 30.09.2009.

© dpa

Südsee: Doppelter Anstoß für Tsunami

Fast ein Jahr ist es her, dass ein Tsunami durch die Südsee rollte. Vor allem die Samoainseln wurden am 29. September von den Wassermassen getroffen. Zur Ursache gibt es nun neue Erkenntnisse.

Häuser und Autos rissen die Fluten mit sich, 192 Menschen starben. Die Ursache für die bis zu zwölf Meter hohen Wellen war ein Erdbeben am Grund des Südpazifik, glaubte man: Dort taucht die Pazifische Platte unter die Australische. Bald zeigte sich jedoch, dass das Beben nicht unmittelbar an der Plattengrenze auftrat, wie erwartet. Stattdessen fand es rund 50 Kilometer von der Kollisionszone entfernt statt, innerhalb des Ozeanbodens. Damit nicht genug. Es war nicht nur ein Erdbeben, dass den Tsunami auslöste, es müssen mindestens zwei gewesen sein. Das berichten zwei Forscherteams im Fachblatt „Nature“ (Band 466, Seiten 959 und 964).

Sie hatten Aufzeichnungen von Drucksensoren am Meeresgrund, die zum Pazifik-Tsunamiwarnsystem gehören, mit Messungen des GPS-Systems verglichen. Letztere zeigen auf wenige Millimeter genau, in welche Richtung ein Stück Land von einem Erdbeben versetzt wird. Doch die Daten passten nicht zueinander. „Die Insel Niuatoputapu war um 40 Zentimeter nach Osten verschoben“, berichtet John Beavan vom neuseeländischen Forschungszentrum GNS. Als er in seinen Computer das bis dahin bekannte 8,1er-Beben eingab, machte die Insel aber einen Ruck nach Westen. Auch die beobachteten Wellenmuster des Tsunamis passten nicht zu diesem Einzelbeben. Es musste ein zweites, starkes direkt an der Plattengrenze gegeben haben.

Zu diesem Schluss kommen auch Thorne Lay von der Universität in Santa Cruz (Kalifornien) und seine Kollegen, die den zweiten „Nature“-Artikel verfasst hat. Auch sie stehen vor einem seismologischen „Henne-Ei-Problem“: Welches der beiden Beben war zuerst da und hat das andere gewissermaßen angestoßen?

Beavan und sein Team haben ihren Computern vor allem Daten der Tsunamiwellen und der GPS-Empfänger gegeben. Das Resultat: Zuerst gab es ein langsames Beben am Plattenrand, das von fernen Seismografen nicht erfasst werden konnte. Und das hat zugleich das schwere 8,1er-Beben in der Ozeanplatte ausgelöst. Lays Team hingegen nutzte vor allem seismische Daten für seine Modellrechnungen – und kommt zum entgegengesetzten Schluss: Zuerst kam das Beben innerhalb der Ozeanplatte und das hat zwischen 50 und 130 Sekunden nach seinem Anfang gleich zwei starke Beben an unterschiedlichen Orten der Plattengrenze ausgelöst. Die wurden bisher nicht entdeckt, weil sie sich im Zucken der ohnehin aktiven Seismografen „versteckten“.

Wer hat recht? Beide Ansätze sind schlüssig, kommentiert Kenji Satake von der Universität Tokio. Nicht zuletzt, weil die vorhandenen Daten lückenhaft sind. „Eine umfassende GPS-Überwachung, die etwa das starke Chilebeben vom Februar genau verfolgt hat, hätte sicher gezeigt, welches Erdbeben das erste war“, schreibt er. Aber solche Messkampagnen gibt es nicht in der Südsee. Beide Forschergruppen sind sich einig, dass die doppelte oder gar dreifache Bebentätigkeit letztlich zu stärkeren Flutwellen führen kann. Das müsse beim Einschätzen der Tsunamigefahr in den Küstengebieten berücksichtigt werden.

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