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Funkengerät. Neandertaler machten mit Faustkeilen Feuer.

© Andrew Sorensen, Universität Leiden

Technologie-Frühgeschichte: Schon der Neandertaler zündelte

Faustkeile zeigen Spuren des Feuermachens.

Neandertaler nutzten Feuer nicht nur, sie konnten es auch selbst entzünden. Das leiten niederländische und französische Forscher aus der Analyse von etwa 50 000 Jahre alten Faustkeilen ab. „Der gelegentliche Einsatz von Faustkeilen als Funkenschläger war eine technologisch-kulturelle Leistung, die die späten Neandertaler in Frankreich teilten“, schreibt das Team um Andrew Sorensen von der Universität Leiden in der Zeitschrift „Scientific Reports“.

Schlagspuren

Dass Neandertaler ebenso wie andere Frühmenschen Feuer nutzten, steht schon länger fest. Unklar ist aber, ob sie Flammen auch absichtlich erzeugen konnten – etwa durch Aneinanderschlagen von Feuerstein und Schwefelkies (Pyrit oder Markasit), wie sie für Ureinwohner in Amerika, Australien, Asien und teilweise auch Afrika beschrieben wurde.

Diese Möglichkeit prüfte das Team um Sorensen nun anhand etlicher Faustkeile, die aus fünf Höhlen in der Dordogne stammen und etwa 50 000 Jahre alt sind. Darunter ist etwa die Fundstätte Pech de l’Azé. Dabei achteten die Forscher auf mechanische Schlagspuren, die auf einen Gebrauch als Funkenschläger hindeuten und die vom Aufprall auf harte Mineralien stammen können. Zudem prüften sie in Versuchen mit Faustkeil-Repliken, wie sich eine solche Nutzung zum Feuermachen auf die Oberfläche auswirkt.

Pyrit-Rückstände fanden die Forscher – zumindest mithilfe optischer Mikroskope – zwar nicht, dafür entdeckten sie an den Seiten der Faustkeile aber massenhaft C-förmige Kerben. Diese deuten sie als Hinweise für ein zielgerichtetes Schlagen auf Pyrit. „Wir kennen zwar nicht die Motivationen hinter vielen Handlungen, die Neandertaler mit Steinwerkzeugen vollführten“, schreibt das Team. „Aber die Bewegungen, mit denen man die Spuren auf den Faustkeilen erzeugt, scheinen gut zum Prozess des Feuermachens zu passen – nicht nur wegen der Effektivität dieser Methode, sondern auch, weil die Nutzung der flachen Seite zum Feuermachen die Kanten scharf und unbeschädigt lässt.“ Den Neandertalern in dieser Region sei dieser Einsatz bewusst gewesen.

Überreste von Feuerstellen

Damit seien Faustkeile nicht nur zum Behauen, Schärfen und Schneiden genutzt worden, sondern auch zum Feuermachen. Zudem wurden in einigen Fundschichten Spuren von Feuer entdeckt – mitunter zusammen mit Manganoxid. Ein solches Pulver diente nach Ansicht der Forscher als eine Art Brandbeschleuniger.

Gerade die Tatsache, dass Feuerspuren nicht an allen Fundschichten auftauchen, werten Sorensen und Kollegen als Beleg für ihre Behauptung, dass Neandertaler Flammen bewusst erzeugen konnten: „Mit der Fähigkeit, bei Bedarf Feuer zu machen, braucht man nicht mehr Feuer natürlichen Ursprungs für längere Zeiträume zu erhalten.“

Die Fähigkeit, Feuer entfachen und kontrollieren zu können, ist nicht nur aufgrund der Wärme und Schutzfunktion der Flammen ein entscheidender Schritt in der Menschheitsentwicklung. Es ermöglichte, einer Theorie des Anthropologen Richard Wrangham von der Harvard-Universität zufolge, auch das Kochen. Dadurch konnten die Menschen mehr Energie aus ihrer Nahrung gewinnen – eine Grundvoraussetzung, damit sich große, energiezehrende Gehirn entwickeln konnten. Walter Willems (dpa)/Tsp

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