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In Gefahr. Der Pilz aus Asien bedroht auch Feuersalamander. Binnen drei Jahren hat er fast alle Salamander in den Niederlanden getötet – und breitet sich weiter aus.

© picture alliance / dpa

Tödliche Löcher in der Haut: Pilz bedroht Europas Salamander

Wissenschaftler schlagen Alarm: Ein eingeschleppter Erreger könnte viele Amphibien ausrotten.

Der Killer ist erst seit wenigen Jahren in Europa, doch er richtet verheerende Schäden an. Ein aggressiver Pilz aus Asien befällt die Haut von Salamandern und Molchen und tötet die Tiere in kurzer Zeit. In den Niederlanden sind zwischen 2010 und 2013 99,9 Prozent der Salamander ausgestorben, berichten Forscher. Und der Erreger namens „Bs“ (Batrachochytrium salamandrivorans) breitet sich weiter aus. Viele Salamander- und Molcharten Europas könnten ausgelöscht werden, befürchten Amphibien-Experten wie Dirk Schmeller vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig. Die Wissenschaftler appellieren daher an die Europäische Kommission, den Killer zu bekämpfen und so ein Massensterben einer großen Tiergruppe zu verhindern.

Binnen drei Monaten waren die meisten Frösche verschwunden

Was ein Pilzerreger anrichten kann, haben die Forscher bereits bei „Bd“ gesehen. Die Abkürzung steht für „Batrachochytrium dendrobatidis“ – ein Pilz aus einer großen Familie, die meist Algen angreift. Nur ein Familienmitglied attackiert Wirbeltiere, vor allem Frösche werden massiv dezimiert. Als der Erreger 2004 eine Region in Panama erreichte, dauerte es nur drei Monate, bis 95 Prozent der Amphibien aus diesem Gebiet verschwunden waren. Seit er eingeschleppt wurde, hat der Pilz in Mittel- und Südamerika weit mehr als hundert Froscharten ausgelöscht. Auch in Nordamerika, Europa und Australien macht er hunderten weiteren Arten zu schaffen.

Ähnliches scheint sich nun mit „Bs“ zu wiederholen. Als das Salamandersterben in den Niederlanden begann, fanden Wissenschaftler bald den Pilz Batrachochytrium salamandrivorans. Die Biologen waren alarmiert. „Unsere schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich rasch“, sagt UFZ-Forscher Schmeller. Bald nach der Infektion hat der Pilz Löcher in die Haut der Tiere gefressen. An diesen Stellen können die Salamander und Molche nicht mehr atmen, keine Abfallstoffe abgeben und keine Salze aus der Umgebung aufnehmen. Nach wenigen Tagen ist die Ver- und Entsorgung der Tiere weitgehend zusammengebrochen. Zusätzlich dringen durch die Löcher andere Erreger in den Körper ein und schwächen den Organismus weiter. Die meisten infizierten Salamander und Molche sterben zwei oder drei Wochen nach der Infektion.

Ein Drittel aller Amphibien gilt bereits als gefährdet

„Mit den Amphibien trifft die Katastrophe obendrein eine Tiergruppe, der es bereits vor Bs schlecht ging“, sagt Schmeller. So leben zum Beispiel Feuersalamander im feuchten Laub der Wälder, setzen ihre lebend geborenen Larven aber in Gewässer. Dort verbringt der Nachwuchs den ersten Lebensabschnitt, bevor er an Land geht. Solche Gewässer wurden in der Vergangenheit oft zugeschoben, Moore wurden trockengelegt und viele Salamander und Lurche verloren ihren Lebensraum.

Weil die Tiere durch ihre Haut atmen und Salze aufnehmen, erwischen sie auf diesem Weg auch Pestizide, die in Land- und Forstwirtschaft eingesetzt werden. Da wundert es nicht, wenn in Europa ein Drittel aller Amphibien als mehr oder minder gefährdet gilt. Überlebt der eine oder andere Salamander eine Bs-Infektion, sind seine Zukunftsaussichten unter diesen Bedingungen trotzdem nicht gut.

Eingeschleppt aus Asien

Als die Forscher das Erbgut von Bs untersuchten, kamen sie auch seiner Geschichte auf die Spur: Mindestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts infiziert dieser Pilz demnach in Japan Salamander. Schmarotzer und Wirt haben sich dort offensichtlich aneinander gewöhnt. Jedenfalls sieht man vielen infizierten Tieren keine Krankheitssymptome an. Anfang des 21. Jahrhunderts sind offenbar einer oder mehrere infizierte Salamander als Handelsware wohl aus Thailand, Vietnam oder Japan nach Europa gelangt. In Zoohandlungen in Großbritannien und Deutschland haben Forscher den Erreger inzwischen in äußerlich gesunden Tieren nachgewiesen. Die hoch-infektiösen Sporen des Erregers können von dort mit dem Wasser in die Natur gelangen und frei lebende Salamander und Molche anstecken. Zumindest in der Region im Süden der Niederlande und im Osten Belgiens, sowie in den angrenzenden deutschen Gebieten wie der Eifel wurde Bs inzwischen in der Natur gefunden.

Schuhe reinigen und gut trocknen

In einem offenen Brief an die Europäische Kommission fordern 45 Naturschutzorganisationen sowie Forscher aus ganz Europa, dringend etwas zu unternehmen. So könnte Europa den Import von Salamandern und Molchen verbieten, wie es die USA und zum Teil die Schweiz getan haben. Sinnvoll sei ebenso ein Monitoring der Arten, Hygienemaßnahmen und Aufklärung der Bevölkerung. Die Kommission erklärte daraufhin, sie suche nach geeigneten Maßnahmen und wolle diese den Mitgliedsstaaten zur Umsetzung empfehlen. In den betroffenen Regionen können Bürger helfen, indem sie nach Wanderungen an Seen und Tümpeln ihre Schuhe reinigen und trocknen, um eine Übertragung des Pilzes zu vermeiden.

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