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Die Rückkehr des Religiösen in die Metropolen ist ein Forums-Thema. Im Bild die Kreuzberger Sehitlik-Moschee.

© Mike Wolff

Transregionale Studien in Berlin: Global denken, lokal sparen

Das "Forum Transregionale Studien" soll ein Leuchtturm der Berliner Wissenschaft sein, das den Nahen Osten und Themen wie religiöse und spirituelle Bewegungen in Metropolen erforscht. Doch die Finanzierung wackelt schon vor dem Start.

Es soll ein strahlender Auftritt für einen neuen Leuchtturm in der Berliner Wissenschaftslandschaft werden. Gleich 30 Fellows begrüßt das Forum Transregionale Studien am heutigen Montagabend in Berlin. Im Alten Museum stellt der Forschungsverbund sich und seine ersten internationalen Gäste der Öffentlichkeit vor. Sie werden in Berlin in vier großen Forschungsthemen zum Nahen Osten, zu Rechtskulturen, zur Weltliteratur und zu religiösen und spirituellen Bewegungen in Metropolen forschen. Das Forum soll die großen regionalwissenschaftlichen Kompetenzen in Berlin zusammenführen und international vernetzen.

Doch der Festakt ist von Sorgen um die Finanzierung überschattet. Die Initiatoren rechneten damit, dass das Forum in den kommenden fünf Jahren von der Wissenschaftsverwaltung gefördert wird, beantragt waren ursprünglich 2,5 Millionen Euro jährlich. Im Frühsommer habe man aber erfahren, die Mittel müssten angesichts der Haushaltslage in Höhe und Laufzeit reduziert werden, sagt Sebastian Conrad, Vorstandsmitglied und Historiker an der Freien Universität.

Die Wissenschaftsverwaltung versucht die Sorgen zu zerstreuen: Die mittelfristige Förderung des Forums sei „politisch gewollt“. Anfang des Jahres habe es einen Bewilligungsbescheid für das laufende Jahr über 1,5 Millionen Euro erhalten, sagt Sprecher Christian Walther. Zusagen über 2011 hinaus habe der Senator wegen der vorläufigen Haushaltsführung gar nicht machen können. Im bisherigen Rahmen könnten die Projekte aber auch 2012 fortgeführt werden. Wie es danach weitergeht, ist allerdings offen. Das Forum strebe nun eine finanzielle Beteiligung des Bundes an, sagt Conrad.

Schon der Start des Projekts verlief stockend. Die treibende Kraft hinter der Forumsidee ist das Wissenschaftskolleg im Grunewald, dort gab es seit 2002 eine Arbeitsgruppe zum Thema „Wege des Wissens. Transregionale Studien“. 2006 empfahl dann die Berliner Wissenschaftskommission, die vielfältigen regionalwissenschaftlichen Aktivitäten an den Unis, außeruniversitären Einrichtungen und Museen zu bündeln. Gegen die Gründung einer neuen Institution außerhalb der Universität stemmte sich aber vor allem der damalige FU-Präsident Dieter Lenzen.

Er fürchtete eine Schwächung der an der FU traditionell starken Regionalwissenschaften und gründete Ende 2006 ein eigenes Zentrum. Den Streit um das Forum schlichtete schließlich der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), Hermann Parzinger: Im Frühjahr 2009 verkündigte er, man habe sich darauf geeinigt, gemeinsam einen Verein zu gründen. Die Forschungsprojekte sollten die Wissenschaftler an ihren Instituten umsetzen. Auf diese Weise werde „aus den Universitäten nichts herausgelöst“.

Parzinger kündigte auch an, dass sich das Forum um eine Förderung durch die Einstein-Stiftung bewerben werde. Das geschah 2010, aber der Antrag wurde aus formalen Gründen abgelehnt: Nur Unis sind antragsberechtigt. Doch eine Anschubfinanzierung des Wissenschaftssenators schien die Zeit der Wirren zu beenden. Die weitere Finanzierung durch das Land Berlin steht indes nicht nur unter dem Haushaltsvorbehalt: Die bisherige Arbeit des Forums soll bis Ende dieses Jahres evaluiert werden. Kurioserweise kommt hier wieder die Einstein-Stiftung ins Spiel: Deren wissenschaftliche Kommission soll das Gutachten erstellen.

FU-Historiker Sebastian Conrad ist sich sicher, dass das Urteil positiv ausfällt. Berlin brauche das Forum, um die hiesigen Regionalwissenschaftler untereinander und mit Kollegen aus außereuropäischen Ländern zu verbinden und um seine „Fernkompetenz“ international sichtbar zu machen. „Wir haben zu lange nur auf die eigene Region geschaut – und das aus einem westlichen Blickwinkel“, sagt Conrad. Die Globalisierung erfordere eine Beschäftigung aus vielen Perspektiven. Und die brächten die eingeladenen Nachwuchswissenschaftler aus Ländern wie Indien, Israel und der Türkei mit.

Georges Khalil, Geschäftsführer des Forums, appelliert: „Das Forum braucht so schnell wie möglich eine Perspektive, um weiterhin Fellows einladen und Projekte planen zu können.“ Jetzt soll geklärt werden, ob sich nicht das BMBF an der Finanzierung beteiligen kann. Ein Wettbewerb für die Stärkung der „Area Studies“ läuft dort gerade, aber wie die Einstein-Stiftung ist er auf Univerbünde zugeschnitten. Für das Forum müsste es also eine Sonderregelung geben.

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