zum Hauptinhalt
Unser Kolumnist George Turner.

© Mike Wolff

Turners Thesen: Die Elite-Auswahl ist fragwürdig

Mit zwei Clustern ist die Basis für die Entscheidung über "exzellente" Universitäten viel zu gering. Eine kritische Zwischenbilanz der Exzellenzstrategie.

Die Exzellenzstrategie wird das deutsche Universitätssystem verändern, ob zum Besseren, ist zweifelhaft. 41 Universitäten hatten 88 Anträge eingereicht; davon werden 57 Cluster von 34 Universitäten besonders gefördert. Aber nur von 17 Universitäten und zwei Verbünden können Anträge für die Verleihung des prestigeträchtigen Titels „Exzellenzuniversität“ eingereicht werden. Voraussetzung nämlich sind mindestens zwei Cluster. Im Juli 2019 wird entschieden, welche elf die begehrte Dekoration tragen dürfen.

Bereits in der Runde des Aussortierens der Antragsskizzen hatte es eine faustdicke Überraschung gegeben. Die Universität Frankfurt, in früheren Verfahren mit vier Clustern erfolgreich, wurde mangels hinreichend begründeter Skizzen nicht zum weiteren Verfahren zugelassen. Machte dies schon deutlich, wie fragwürdig das Auswahlverfahren ist, so erfahren Zweifel an der Prozedur neue Nahrung. In der aktuellen Runde sind auf der Strecke geblieben unter anderem Göttingen, Mainz, Leipzig, Würzburg, Erlangen und Saarbrücken. Sind sie schlechter als Hannover, Braunschweig oder Bochum, die weiter dabei sind?

Trennlinie zwischen "Eliteuniversität" und dem "Rest"

Niemand wird später behaupten wollen, an den auszuzeichnenden elf Universitäten seien alle Disziplinen „Spitze“. Dennoch wird auf jeden Fall in der Öffentlichkeit der Eindruck einer Trennlinie zwischen den „Elite-Universitäten“ und dem „Rest“ entstehen, zumal die Entscheidungen für mindestens sieben Jahre gelten. Die Freude der Gewinner ist verständlich; allerdings darf nicht verkannt werden, wie schmal die Basis der Entscheidung bei zwei Clustern ist. Jedes Ranking würde den Autoren um die Ohren fliegen, wenn sie so wenig das Gesamtgefüge einer Universität berücksichtigten. Es wird niemand bestreiten, dass auch an Universitäten, die das Etikett „exzellent“ nicht tragen, zum Teil weltweit anerkannte Wissenschaftler tätig sind, die zur Elite ihres jeweiligen Fachs gehören. Das gerät ins Abseits.

Wackeliges Bild mit "exzellenzfreien Zonen"

Das durch die Exzellenzstrategie entstehende schiefe Bild wird noch wackeliger, wenn man bedenkt, dass einige Bundesländer „exzellenzfreie Zonen“ sind. Auch dort wird durchaus in bestimmten Bereichen Beachtliches geleistet. Die Imboden-Kommission, eigens zur Bewertung der Exzellenzinitiative eingesetzt, hatte schon Recht mit dem Vorschlag, die Förderlinie „Exzellenzuniversitäten“ nicht fortzuführen. Die Politik hat sich wieder einmal nicht an das Ergebnis gehalten, was immer eingefordert wird: die Empfehlungen der Politikberatung.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail senden: george.turner@t-online.de

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false