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Kolumnist George Turner.

© Mike Wolff

Turners Thesen: Die Studiengebühren kommen wieder

Nach dem Aus für Studiengebühren in Bayern und Niedersachsen prognostiziert unser Kolumnist George Turner: Die Debatte wird bald wieder aufflammen. Dass es bislang kein Stipendiensystem gebe, habe es Gebührengegnern allerdings leicht gemacht.

Die letzten Bastionen fallen: auch in Niedersachsen und Bayern sollen die Rechtsgrundlagen für die Erhebung von Studiengebühren aufgehoben werden. Das gab es schon einmal. Ab Beginn der 1970er Jahre wurden die Gebühren, bis dahin üblich, nach und nach abgeschafft.

Bald aber erwog man die Wiedereinführung, ohne dass sich Wesentliches ereignete. Im Jahr 1995 bekam das Thema ungeahnten Schwung durch den damaligen bildungspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Peter Glotz, der sich vehement für die Erhebung von Studiengebühren einsetzte, nachdem sie in dem von ihm mitverfassten SPD-Bildungsprogramm für den Bundestagswahlkampf 1994 noch ausdrücklich ausgeschlossen worden waren.

Da nichts „wert sei, was nichts koste“, glaubte man auch in diesem Bereich an die Kräfte des Marktes. Nachdem zunächst einige Länder Studiengebühren eingeführt hatten, ist inzwischen ein Schwenk zur Gebührenfreiheit nahezu vollzogen. Dabei spielt die Annahme eine Rolle, dass Gebühren insbesondere Kinder aus bisher sogenannten bildungsfernen Schichten abschrecken könnten, ein Studium aufzunehmen.

Dieses Vorurteil ist zwar durch eine Studie des Stifterverbandes vom September 2010 widerlegt, wonach sich in den Zahlen der offiziellen Statistik keine Hinweise darauf finden lassen, dass Studiengebühren in Höhe von 500 Euro eine abschreckende Wirkung haben. Eine Erhebung des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) entlarvt auch ein anderes Vorurteil, dass nämlich Gebühren Studierende in gebührenfreie Länder treiben.

Zu erinnern ist aber daran, dass kein Befürworter von Gebühren zu erwähnen vergaß, dass sie sozial abgefedert sein müssten und dass die Einführung unverzichtbar Hand in Hand mit dem Aufbau eines Stipendiensystems gehen müsse. Dies anzulegen ist versäumt worden. Darum haben es die Gegner leicht, ein Entgelt für das Studium anzugreifen und es als unsozial zu brandmarken.

Alle Argumente und die verschiedenen Modelle von unmittelbarer Erhebung bis zu „nachlaufender“ Rückzahlung sind schon einmal hin und her gewendet worden. Das Pro und Contra reichte vom Bummelstudenten auf Kosten des Steuerzahlers bis zur Warnung vor Bildungsentzug durch einen sozialen Numerus clausus für Kinder weniger Begüterter.

Man kann sicher sein, dass in einigen Jahren die Debatte wieder aufflammen wird, warum „Kitas kosten und das Studium umsonst“ ist. Auch dies ist ein Beispiel für ständige Richtungswechsel und den Zickzackkurs in der Hochschulpolitik. So wie in manchen anderen Bereichen der Hochschulpolitik kommen die Themen immer wieder – ungelöst: Au revoir, Studiengebühren.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schreiben: george.turner@t-online.de

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