zum Hauptinhalt
Ein Porträtfoto von George Turner.

© Mike Wolff

Turners Thesen: Die Teamarbeit bitte stärker würdigen

Die Coronakrise zeigt, das Kooperation und schnelle Diskussion erster Ergebnisse die Forschung voranbringen. Das sollte man beibehalten, findet unser Kolumnist.

Die Coronakrise hat es deutlich gemacht: Um schnell zu Ergebnissen zu kommen, sollte zwischen Wissenschaftlern bzw. Instituten ein wechselseitige Austausch auch von Zwischen- und Teilergebnissen stattfinden. Ob dies trotz der Zusicherung geschieht, erscheint nicht sicher.

Das Wissenschaftssystem und seine Belohnungen sind ausgerichtet an den Leistungen Einzelner. Es wird nicht ein Team berufen, sondern bestimmte Wissenschaftler/innen. Daran ändert nichts, dass Veröffentlichungen unter dem Namen mehrerer erfolgen, auch nicht, dass gelegentlich Teams oder Forschergruppen ausgezeichnet werden.

Die Leistungen einzelner Personen spielt nicht nur bei Berufungen eine Rolle. Auch bei Preisen und anderen Auszeichnungen wird die Leistung der betreffenden Person gewürdigt. Dass individuelle Erfolge generell auch auf den früheren Leistungen anderer fußen, ohne die das konkrete Ergebnis nicht zustande gekommen wäre, erfährt nicht immer die erforderliche Erwähnung.

[Wenn Sie alle aktuellen Entwicklungen zur Coronavirus-Krise live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

So darf es nicht verwundern, dass Wissenschaftler bemüht sind, Ergebnisse unter ihrem Namen bekannt zu machen und Zwischenergebnisse zurück halten. Insofern sind sie jeweils eine Ich-AG.

Wenn das in der akuten Krise anders ist, mag das an Folgendem liegen: Zum einen sind schon Zwischenergebnisse beachtlich und sichern Ruhm und Ansehen; zum anderen ist der Druck groß, Fortschritte, auch auf Teilgebieten, bekannt zu machen.

Höchste Zeit für mehr Fairness beim Publizieren

Spekulationen darüber, ob und welche positiven Wirkungen die Krise mit sich bringen kann, darf man getrost um einen Wunsch erweitern: Ergebnisse sollten denen zugeschrieben werden, die sie erbracht haben.

Dass bei kollektiven Leistungen nur eine Person einen Ruf auf eine Professur erhalten kann, ist unausweichlich. Die Beteiligung Dritter an den Erfolgen erhöht deren Chancen an anderer Stelle. Vor allem aber kann dadurch Kooperation gegenüber Egoismus gefördert werden.

[Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schicken: george.turner@t-online.de]

Für die Förderung von Bereitschaft zur Zusammenarbeit und zur Bekanntmachung von Zwischenergebnissen bedeutet dies, dass jeder noch so kleine Fortschritt und jedes Teilergebnis bzw. Zwischenschritt denjenigen zugeschrieben wird, die jeweilige Urheber sind.

[Teilergebnisse ohne Peer Review veröffentlicht? Lesen Sie auch unser Interview zur Diskussion über die Heinsberg-Studie]

Die Kollegialität sollte gebieten, jeweilige Beiträge, auch wenn sie nur minimale Erkenntnisse erbringen, zu nennen und zu würdigen. Vielleicht muss die Öffentlichkeit dann nicht auf das große Gesamtergebnis warten, sondern es kommt bei einem schrittweisen Erkenntnisgewinn schneller zu einer Lösung.

Der Austausch auch von Teilergebnissen ist wichtig. Wird er praktiziert und kommt es dadurch schneller zu Lösungen, kann der Krise insoweit sogar etwas Positives abgewonnen werden.

Zur Startseite