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Turners Thesen: Es gibt zu viele Universitäten

Es war ein Fehler, in Deutschland anstelle der Fachhochschulen die Universitäten auszubauen. Jetzt müssen vielerorts Uniangebote gestrichen werden. Ein Plädoyer für einen Rückbau des Systems - trotz wachsender Studierendenzahlen.

Trotz wachsender Studierendenzahlen wird hier und dort über den Rückbau von Universitäten nicht nur nachgedacht. An der Universität des Saarlandes sollen drei Studiengänge eingestellt werden; in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen gibt es entsprechende Überlegungen. Andere werden folgen. Dabei werden gleich mehrere Fehlentwicklungen deutlich. Manche Länder haben sich beim Ausbau ihrer Hochschulen hoffnungslos übernommen. Infolge des Kooperationsverbots sind sie ohne Bundeshilfe jetzt nicht in der Lage, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Am deutlichsten ist das bei der Instandhaltung und Neubauvorhaben. Während vor der Föderalismusreform des Jahres 2006 der Hochschulbau Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern war, gehört er seither in die alleinige Kompetenz der Länder. Die finanzschwachen Länder, wie es beschönigend statt „arm“ heißt, sind dem nicht gewachsen. Die Folge ist Verfall von Gebäuden und Notstand für Forschung und Lehre.

Kolumnist George Turner.
Kolumnist George Turner.

© Mike Wolff

Auch am Beispiel der klammen Hochschulen zeigt sich, dass eine Länderreform überfällig ist. Wenn, wie im Saarland, erwogen werden muss, ganze Studiengänge wie Rechtswissenschaft zu schließen, und vom Wissenschaftsrat auf die Ausbildungsmöglichkeiten in Nachbarländern verwiesen wird, ist dies mehr als nur ein Fingerzeig, dass ein Land, dem solches empfohlen wird, selbstständig nicht lebensfähig ist. Ein Bundesland ohne eigene Juristenausbildung!

Und schließlich gilt es festzustellen, dass es zu viele Universitäten gibt, alle mit dem Anspruch der Ausstattung für teure Forschung. Mit rund 90 staatlichen Universitäten ist die Bundesrepublik „überbesetzt“, wenn alle so ausgestattet werden sollen, um international konkurrenzfähig zu sein. Das aber ist finanziell nicht zu leisten.

Ein fundamentaler Fehler beim Ausbau der Hochschulen war, dass nicht die Fachhochschulen ausgebaut worden sind, sondern stattdessen die Universitäten. Zwei Drittel der insgesamt 2,6 Millionen Studierenden sind dort eingeschrieben, ein Drittel an Fachhochschulen. Umgekehrt wäre es besser. Fachleute sind sich längst darüber im Klaren, dass insgesamt nur rund 25 Universitäten mit einem breiten Fächerspektrum zu finanzieren sind und dies auch ausreichend ist.

Die Bestrebungen von TU 9 und U 15 unterstreichen diese Tendenz. Durch verminderte Mittelzuweisungen werden manche Neu- und Umgründungen „downgegradet“. Sie werden zusammen mit dem nach Höherem strebenden Fachhochschulen in erster Linie Ausbildungsfunktionen wahrzunehmen haben. Anderslautende Bekundungen entbehren der finanziellen Grundlage. Der Rück- und Abbau mancherorts ist unvermeidlich – trotz wachsender Studierendenzahlen.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schicken: george.turner@t-online.de

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