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TURNERS Thesen: In der Bildung regiert der Bund

Es ist erstaunlich, wie sich die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Annette Schavan (CDU) in der Bildungspolitik in Szene setzt - kein Thema ist ihr zu heiß.

Es ist erstaunlich, wie sich die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Annette Schavan (CDU) in der Bildungspolitik in Szene setzt. Kein Thema ist zu heiß: Da redet sie dem Zentralabitur das Wort, fordert vergleichbare Bildungsstandards, moniert die in Berlin geplante Zusammenführung von Haupt- und Realschule und regt eine frühere Einschulung an. Dabei hat sie auf dem Feld der Schulpolitik nichts zu melden. Schließlich ist das Gebiet Ländersache.

Durch die Föderalismusreform hat der Bund die seinerzeit ihm zugestandenen Befugnisse auch im Hochschulbereich eingebüßt. Die Länder wurden 2002 durch extreme Gesetzesvorhaben der Vorgängerin von Schavan, Edelgard Bulmahn, SPD, aufgeschreckt (unter anderem Verbot von Studiengebühren, Abschaffung der Habilitation, Einführung der verfassten Studierendenschaft als Zwangskörperschaft). Zwar hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2005 sämtliche Änderungen des Hochschulrahmengesetzes für verfassungswidrig erklärt. Dennoch war nachvollziehbar, dass die Länder entsprechenden Tendenzen einen Riegel vorschieben wollten.

Damit es nicht zu einem Flickenteppich in der Bildungspolitik komme, müsse der Kultusministerkonferenz höheres Gewicht beigemessen werden. Das gelte vor allem für den Schulbereich. Wenn von dort aber keine hinreichenden Impulse ausgingen, so wurde spekuliert, werde bald wieder der Ruf nach größerer Zuständigkeit des Bundes ertönen. Gleichgültig, in welchem Umfang die Länder gestärkt wurden – sie müssen die ihnen zustehenden Kompetenzen auch aktiv wahrnehmen. Bisher haben sie weniger agiert als reagiert.

Aber es geht auch anders, wie die Ministerin vormacht: einfach ein Thema besetzen. Hätte ihre Vorgängerin sich auf dieses Terrain gewagt, wäre ein Sturm der Entrüstung die Antwort aus der Opposition und aus den Ländern gewesen. Da Annette Schavan ihre Positionen nicht ideologisch überlagert – das war der Fehler von Edelgard Bulmahn – sondern mit Sachargumenten versieht, wagt niemand, auch nicht aus der Phalanx der Länder, wegen ihrer fehlenden Zuständigkeit zu protestieren. Es wird in der Sache diskutiert, anstatt eine Front aufzubauen, allein weil die Ideen „vom Bund“ kommen. Auch so kann man Bildungspolitik machen – zur Not durch die Hintertür.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-mail schicken: g.turner@tagesspiegel.de

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