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Unser Kolumnist George Turner.

© Mike Wolff

Turners Thesen: Öfter vom Studium abraten

Studium oder Ausbildung? Um die Zahl nicht studierfähiger Erstsemester zu senken, sollte weniger geeigneten Schülern frühzeitig vom Studium abgeraten werden, empfiehlt unser Kolumnist

Darüber, ob es zu viele Studierende gibt, kann man streiten – was auch geschieht. Unstreitig ist, dass es zu viele für die Bewältigung eines Studiums ungeeignete unter den 2,85 Millionen eingeschriebenen Studierenden gibt. Nun hat es das zu allen Zeiten gegeben: Studenten (m/w) haben das Studium abgebrochen oder sind endgültig bei Prüfungen gescheitert. Das war auch der Fall, als nur fünf Prozent der in Betracht kommenden Altersgruppe Hochschulen besuchte statt aktuell zehn Mal so viele.

Die Zusammensetzung der Studierendenschaft von heute ist nicht nur, was den familiären und sozialen Hintergrund angeht, eine andere als die Studentenschaft der 300.000 vor fünfzig Jahren. Der explosionsartige Anstieg der Zahl der Studierenden erklärt sich einfach: Legt man die heutigen Maßstäbe an, wären früher nicht so viele auf dem Weg durch die Gymnasien „ausgesiebt“ worden, ehemalige Realschüler und besonders erfolgreiche Absolventen der Hauptschulen hätten ebenfalls die Hochschulreife erworben. Die Werbung für weiterführende Schulen und ein Studium haben Eltern veranlasst, ihren Kindern eine bessere Ausbildung zu ermöglichen, als sie selbst sie erfahren haben.

Die "Ströme" zur beruflichen Bildung umlenken

Universitäten und Hochschulen bemühen sich, die unterschiedlichen Voraussetzungen auszugleichen, mit denen Neuankömmlinge aufwarten. Trotz vielfältiger Anstrengungen, die Studierfähigkeit möglichst vieler herzustellen, die über eine Hochschulzugangsberechtigung verfügen, wird es auch weiter Studienabbrecher und solche geben, die in Prüfungen erfolglos bleiben. Soweit solche Ergebnisse vorhersehbar sind, wären die Betroffenen gut beraten, erst gar nicht ein Studium zu beginnen.

Nur sind zum einen entsprechende Prognosen nicht immer sicher, zum anderen werden geeignete Beratungen oft gar nicht eingeholt oder in den Wind geschlagen. Dennoch kommt der Berufs- und Studienberatung (in solchen Fällen: Empfehlung zum Nicht-Studium) große Bedeutung zu. Vollständig beseitigen oder lösen lässt sich das Problem nicht. Aber schon eine Reduzierung wäre im Interesse der Betroffenen und auch im Interesse der Allgemeinheit aus volkswirtschaftlichen Gründen wichtig und bleibt erstrebenswert. Solche Beratungen müssen vor allem während der Schulzeit erfolgen. Damit kann ein Umlenken der „Ströme“ zur Hochschule hin zur beruflichen Bildung erfolgen. Das wäre besser als womöglich ein Numerus clausus, bei dem Zulassungen von Noten abhängig gemacht werden. Das bliebe sonst als Alternative, um der unbefriedigenden Situation zu begegnen.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail senden: george.turner@t-online.de

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