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Streitpunkt Uni. Ständig neue Forderungen führen zu ständig rechtlichen Regelungen.

© Doris Spiekermann-Klaas

Turners Thesen: Stoppt die Flut der Gesetzesnovellen!

In jeder Legislaturperiode eine neue Novelle zum Hochschulrecht, muss das sein? Die Gesetzgeber sollten sich zurückhalten, meint unser Kolumnist.

Der Hochschulbereich ist permanent von Gesetzesnovellen bedroht. Über den Inhalt im Einzelnen mag man streiten, über die Flut von Novellen nicht. Nach allgemeiner Rechtsüberzeugung galt bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts für das Hochschulrecht kein Gesetzesvorbehalt. Anstehende Fragen wurden in Verordnungen und Satzungen geregelt, so etwa auch die Gründung der Freien Universität durch eine vom Magistrat am 4. November 1948 erlassene Satzung.

Die in der zweiten Hälfte der 60er Jahre an den Universitäten einsetzende Reformdiskussion mündete im Wesentlichen in eine Organisationsreform, die sich in den Jahren 1968 bis 1975 in Landeshochschulgesetzen niederschlug. Die in manchen Ländern zum Teil sehr weitgehenden „fortschrittlichen“ Regelungen wurden durch das Bundesverfassungsgericht korrigiert.

In der bundesrepublikanischen Entwicklung ist festzustellen, dass kaum eine Landesregierung der Versuchung widerstehen kann, in jeder Legislaturperiode mindestens eine Novelle zum Hochschulrecht durchzupauken. Bei Wechsel der politischen Richtung mag das noch nachvollziehbar sein; es ist aber auch die Regel, wenn sich die politische Ausrichtung nicht ändert.

Der Grund liegt darin, dass es keine allgemein anerkannte Vorstellung von dem gibt, was Hochschulen sind oder sein sollen. So wirken zentrifugale, zum Teil in gegensätzliche Richtungen tendierende Kräfte und führen zu ständig neuen Forderungen, die dann – je nach politischer Konstellation – Gesetzeskraft erlangen. Und das zum Teil mit sehr detaillierten Regelungen, die nicht in ein Gesetz gehören.

Schlankere Gesetze und Detailregungen

Die Entwürfe zur Änderung der jeweils geltenden Gesetze beschäftigen die Ministerien und die Parlamente. Die Gremien der Hochschulen sind ebenfalls – meist heftig und lautstark – damit befasst. Die Masse der Hochschulmitglieder nehmen die jeweilige Novelle kaum zur Kenntnis. Bestenfalls sind einzelne Regelungen wegen der persönlichen Betroffenheit von Interesse; manche merken beim Vollzug, dass sich etwas verändert hat.

Warum also immer wieder Gesetzesnovellen? Schlankere Gesetze und Detailregelungen durch Satzungen, soweit überhaupt erforderlich, bedeuteten schnellere Verfahren und würden das Instrument der Novelle von Gesetzen nicht inflationieren. Die „Gesetzgeber“, die Landesparlamente, würden mehr Respekt erfahren, wenn sie zurückhaltender wären.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schicken: george.turner@t-online.de

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