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Unser Kolumnist George Turner.

© Mike Wolff

Turners Theses: Bayern täuscht sich bei der Universität Nürnberg

Bayern gründet eine neue Universität in Nürnberg - doch das Land scheint sich da gleich in mehreren Punkten zu täuschen, meint unser Kolumnist.

In Nürnberg soll eine neue Universität gegründet werden. Angesichts der bisher schon reichen Universitätslandschaft in Bayern, der unmittelbaren Nachbarschaft von Erlangen und weiterer Universitäten im Einzugsgebiet sowie dem sich abzeichnenden langfristigen Rückgang der Zahlen der Studierenden erscheint das nicht zwingend. Allerdings könnte der von Bayern ausgehende Gedanke der Pflege des Heimatbegriffs hier eine besondere Rolle gespielt haben, ist doch der Ministerpräsident hier zu Hause. Das wird als Grund sicher nicht gelten gelassen, vielmehr will man angeblich neue Wege gehen. Dazu gehört auch eine Begrenzung der Zahl der Studierenden, die „handverlesen“ werden sollen.

Wenn man sich da nicht über die Möglichkeiten täuscht.

Eine "Bestenauslese" begegnet Hürden

Entsprechende Verfahren der Auswahl wünschen sich manche Fakultäten. Nur steht dem die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur erschöpfenden Ausnutzung vorhandener Kapazitäten entgegen. Höchstzahlen beziehungsweise Zulassungsbegrenzungen bedürfen eines Gesetzes oder Rechtsnormen auf gesetzlicher Grundlage und unterliegen der gerichtlichen Kontrolle. Die Festlegung der Aufnahmekapazität hat sich an der Ausschöpfung der Ressourcen (Personal, Sachmittel, Räume) zu orientieren. Das ist zwar, wie gelegentlich fälschlich behauptet wurde, kein Verbot der Niveaupflege; eine „Bestenauslese“ aber begegnet Hürden.

Wer über die Hochschulreife verfügt, muss zugelassen werden, solange Plätze vorhanden sind. Eine Auswahl nur der am besten geeignet erscheinenden Bewerber und Ablehnung anderer ist nicht möglich. Das mag man bedauern und sogar für schädlich halten, weil damit verhindert wird, dass homogene Lerngruppen entstehen.

Die Ausrichtung der Universität erscheint nicht zwingend

Wenn man in Bayern meint, neue Studienplätze schaffen zu sollen, erscheint die technisch-naturwissenschaftliche Ausrichtung der neuen Universität nicht zwingend. Spezifikationen der beabsichtigten Art könnte man an den bestehenden Universitäten schaffen. Was fehlt, sind Studienplätze in der Humanmedizin. Das ist noch einmal deutlich geworden im Zusammenhang mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Mängeln des bisherigen Zulassungsverfahrens für das Medizinstudium. Alle Versuche, das Zulassungsverfahren zu verbessern, können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es zu wenige Studienplätze gibt. Mit einer wasserdichten Regelung zur Behebung des Fehlens von Landärzten könnte man nicht nur dem Heimatgefühl des Ministerpräsidenten Genüge tun, wobei der schale Geschmack der regionalen „Versorgung“ wegen des personalen Bezugs gemindert würde, sondern auch den Heimaten vieler Abgeordneten dienlich sein.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-mail senden: george.turner@t-online.de

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